Interview mit Gabriel Clemens
Gabriel Clemens war bis 2017 auf dem BDO Circuit unterwegs, spielte aber bereits 2007 auch Turniere der damaligen GDC, heute PDC Europe. 2009 qualifizierte er sich zum ersten Mal für die World Masters. Ab 2016 verstärkte er seine Dart Aktivitäten, erreichte das Finale der Luxembourg Open, nahm an den Host Nation Qualifiern für die European Tour Events teil und sorgte 2017 für Aufsehen, als er sich in die Halbfinale der World Masters spielte. 2018 nahm er an der PDC Qualifiying School teil und gewann das vierte Turnier. Seither ist Clemens auf der Pro tour unterwegs, wo er immer wieder die späteren Runde erreicht. 2019 stand er zum ersten Mal im Finale eines Players Championships. Es gelingt ihm auch, sich immer wieder für European Tour Events zu qualifizieren, wo er aber insgesamt nicht ganz so erfolgreich ist, wie auf der Pro Tour. Als Teilnehmer der Superleague Germany war er 2019 bei den German Darts Masters dabei, einem Turnier der World Series, wo er sich bis ins Finale spielte. Sowohl 2018 als auch 2019 qualifizierte sich Clemens für die UK Open, nahm 2019 zum ersten Mal an der PDC Weltmeisterschaft teil, für die er sich auch 2020 wieder qualifizieren konnte. Über den Grand Slam Wild Card Qualifier qualifizierte er sich auch für den Grand Slam 2019. Er gewann seine Gruppe, scheiterte dann aber in den Achtelfinale ganz knapp an Glen Durrant.
Während des Grand Slam entstand auch das folgende Interview.
Wie schwer war es sich, für den Grand Slam zu qualifizieren?
Also ich fand es sehr schwierig, da waren schon viele sehr gute Spieler dabei
Was hast du von der Gruppenauslosung gehalten?
Meine erste Reaktion war " Es hätte schlimmer kommen können".
In deinem ersten Spiel bist du auf Brendan Dolan getroffen - den hast du ja anscheinend bisher immer schlagen können. Gehst du da anders in ein Spiel?
Tatsächlich? Das habe ich gar nicht gewusst, ich hatte nur von vornherein ein gutes Gefühl und gedacht, dass ihn schlagen könnte.
Was hältst du vom Format des Grand Slam? Und ist es vielleicht entspannter, wenn man immerhin drei Spiele sicher spielen darf?
Es ist schon etwas entspannter. Und ich finde, dass es ein Super Format ist. Das ist das Turnier, das ich fast immer angeschaut habe. Diese Mischung von BDO und PDC Spielern macht es besonders interessant.
Und wie findest du es, auch Frauen zum Turnier einzuladen?
Ich halte das für eine gute Idee. Lisa Ashton und Mikuru Suzuki sind auch wirklich gute Spielerinnen.
Ganz einfach scheint es ja nicht zu sein, gegen eine Frau zu spielen. Hättest du denn ein Problem damit?
Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht...aber ich glaube eigentlich nicht. Es ist einfach ungewohnt. Auf jeden Fall ist es schon so, dass viele männliche Spieler Angst davor haben, gegen eine Frau zu verlieren.
Was hast du denn so an deinem freien Tag beim Grand Slam gemacht?
Ich war kurz in der Stadt. Aber viel gibt Wolverhampton wirklich nicht her. Dann hatte ich den Termin mit dem Fernsehen. Danach unser Interview. Und dann musste ich noch das Hotel wechseln. Ich hatte nur für die Gruppenphase gebucht und das Hotel war ausgebucht. Da musste ich meine Koffer packen und umziehen.
Wenn du zurück blickst auf deine bisherige Karriere - was war für dich dein bisher größter Erfolg?
Ich würde sagen das Erreichen des Finales der German Darts Masters. Ja, ich glaube für mich ist das mein bisher größter Erfolg.
Du warst bereits bei den ersten GDC Turnieren in Deutschland dabei, hast dich aber dann doch lange Zeit auf den DDV/WDF beschränkt - aus welchen Gründen?
Damals hatte ich noch gar nicht vor, mit Dart spielen meinen Lebensunterhalt zu verdienen. An einen Wechsel zur PDC habe ich da überhaupt noch nicht gedacht. Ich habe nur so zum Spaß gespielt.
Du hast wie es aussieht in der PDC ziemlich schnell Fuß gefasst - was war der größte Unterschied für dich?
Einer der größten Unterschiede für mich war, dass man bei den großen Turnieren nur ein Spiel pro Tag hat...
Ist das Niveau bei der PDC tatsächlich höher als bei der BDO und hast du den Eindruck, es wird immer noch höher?
Das kann man gar nicht so sagen. Bei der BDO sind die gespielten Distanzen sehr viel kürzer. Außerdem dürfte wohl bei der BDO kaum jemand mit dem Dart spielen seinen Lebensunterhalt verdienen - das ist schon ein Unterschied.
Würdest du sagen, dass du durch die PDC selbst noch besser geworden bist?
Ich bin auf jeden Fall sehr viel besser geworden. Ich spiele ja aber auch insgesamt viel mehr. Und ich trainiere auch viel mehr. Wir hatten in Wolverhampton im Hotel auch ein Dartboard und da habe ich auch immer wieder mit Martin (Schindler) gespielt.
Bist du inzwischen Profi Spieler und lebst nur vom Dart spielen?
Ich bin momentan nur frei gestellt und komme schon so einigermaßen über die Runden.
Hast du dir für deine weitere Karriere Ziele gesetzt?
Ich würde gerne richtig davon leben können. Also wirklich meinen Job aufgeben und ordentlich vom Dart spielen leben.
Und wie schaut es mit Sponsoren aus?
Da habe ich ja schon einige und ohne sie würde es nicht gehen. Besonders dankbar bin ich für Hylo Eye Care und prowin, die ja beide lokale Sponsoren sind.
Hast du bei denen angefragt?
Nein, sie haben sich beide selbst angetragen.
Wenn man sich so den PDC Kalender anschaut, ist ja eigentlich dauernd irgendwo ein Turnier oder eine Qualifikation - ist der Reisestress groß?
Ja, es ist schon ein ziemlicher Stress und allzu viel Zeit zuhause habe ich oft nicht. Aber im Sommer war manchmal nicht so viel los auf der Tour und da wusste ich gar nicht so recht, was ich mit meiner Zeit anfangen soll.
Wieviel Zeit bleibt dir für das Training?
Also wenn ich zuhause bin, trainiere ich so zwischen vormittags 8 oder 9 und nachmittags um 4. Ich habe einen extra Raum, in den ich dazu gehe. Intensives Training ist dann so vier Stunden.
Was trainierst du denn? Hast du dir so eine Art Trainingsplan aufgestellt?
Einen Trainingsplan hab ich nicht. Ich trainiere eigentlich eher das, wozu ich Lust habe und versuche, dass das Training nicht langweilig wird. Ich spiele auch sehr viel 501.
Trainierst du lieber allein oder mit einem Trainingspartner?
Ich trainiere überwiegend alleine. Da wo ich wohne ist es mit Trainingspartnern nicht so einfach. Aber ab und zu kommen schon auch Freunde oder Kumpels angereist.
Betreibst du auch irgendeine Art von Mentaltraining?
Ja, ich habe einen Mentaltrainer. Er ist eigentlich Kickboxtrainer.
Wie schaut das Mentaltraining denn aus?
Es geht eigentlich mehr darum, dass man mit jemandem über alles redet - zum Beispiel auch über die Bühnen Situation. Wir machen jetzt keine Spielanalyse oder so was. Daneben machen wir auch Atem- und Entspannungs -Übungen.
Tust du auch etwas für deine Fitness?
Früher nicht, aber jetzt sehe ich, dass ich drei Mal in der Wochen Fahrrad fahre. Und ich achte schon auch auf gesunde Ernährung, nicht irgendeine spezielle Diät oder so, einfach gesunde Ernährung. Dadurch habe ich auch in letzter Zeit rund 20 kg abgenommen. Unterwegs ist das mit der Ernährung aber oft schwierig. Hier in England weiß ich manchmal gar nicht, was ich so essen soll.
Du hast deine Ausrüstung von Evolution Darts - einem deutschen Darthersteller - welche Darts spielst du genau und bist du jemand, der immer wieder an seinem Setup herumspielt?
Ich spiele die, die man auch im Handel bekommen kann. Sie sind ein bisschen anders von der Oberfläche her als die Vorgänger Darts. Sie haben 23 Gram. An meinem Setup spiele ich eigentlich nie herum.
Hatte es einen bestimmten Grund, dass deine alten Darts 20,6 Gramm wogen?
Eigentlich gar nicht. Das ist einfach aus dem Herstellungsprozess heraus entstanden. Da wird halt da und dort noch etwas weggenommen bis es passt. Und in diesem Fall lag dann das Gewicht eben bei 20,6 Gramm.
Kühn hatte mir erzählt, dass seine Darts zum Teil auch im Windkanal getestet werden - hat man das mit deinen auch gemacht?
Ja, das hat er mir auch erzählt. Er hat mir auch die ganzen Unterlagen dazu gezeigt. Aber soviel ich weiß, hat er es mit meinen Darts nicht gemacht.
Da L-Style wohl auch zu deinen Sponsoren zählt - spielst du mit ihrem Schaft-Flight System?
Früher habe ich immer mit ganz normalen Flights gespielt. Aber an diesem System gefällt mir einfach, dass man immer genau den 90° Winkel bei den Flights hat. Das ist einfach besser.
In diesem Jahr kommen ja noch zwei weitere große Turniere auf dich zu - die Players Championship Finals und die PDC Weltmeisterschaft - ist man vor so großen Turnieren schon etwas angespannter als vor einem ganz "normalen" Players Championship Wochenende?
Für mich macht das eigentlich keinen großen Unterschied. Ich mache auch in der Vorbereitung nichts anders. Ich glaube es ist besser, wenn ich von meiner Routine nicht abweiche.
Was glaubst du, wer in diesem Jahr Weltmeister wird????
Sagen wir mal so - es gibt natürlich verschiedene Spieler, die dafür in Frage kommen würden. Aber es ist natürlich auch klar, dass man gleich an Michael van Gerwen denkt.
Spielst du gerne auf der großen Bühne?
Auf jeden Fall, das ist einfach etwas ganz anderes. Diese Scheinwerfer, durch die es auf der Bühne oft sehr heiß ist. Die ganzen Zuschauer...
Wie schwer machen es einem die Zuschauer tatsächlich, sich auf der Bühne zu konzentrieren bzw. was bekommst du von den Zuschauern denn mit, wenn du da oben stehst?
Man versucht immer, die Zuschauer möglichst auszublenden. Das gelingt auch, wenn der Geräuschpegel gleichmäßig ist, selbst wenn gebuht wird. Was tatsächlich stört sind einzelne Zwischenrufe oder auch laute Pfiffe, die bekommt man schon mit.Wen nimmst du denn zur Unterstützung bei den großen Turnieren mit - den Manager, Freunde, Familie?
Wenn meine Freundin Zeit hat, kommt sie schon mit. Manager habe ich keinen. Und ihre Unterstützung ist sehr wichtig für mich.
Ihr seid ja doch inzwischen eine kleine Gruppe deutscher Tour Card Spieler - reist ihr da auch zusammen an oder teilt die Zimmer oder geht zusammen essen oder sucht sich da jeder seinen eigenen Kreis?
Also das Zimmer teilen wir jetzt nicht so, aber wir sind schon als Gruppe zusammen unterwegs, trainieren zusammen, gehen zusammen essen und so.
Und wie ist die Beziehung zu den englischen Spielern?
Rivalität ist da keine, wenn wir nicht auf der Bühne stehen. aber Busenfreunde sind und werden wir eher nicht. Mit den englischen Spielern kommen wir gut aus, aber so richtig vermischen tut sich das nicht.
Du hast früher auch erfolgreich E-Dart gespielt - spielst du immer noch E-Dart und ist das für dich auch richtiges Dart?
E-Dart ist schon richtiges Dart. Und auch nicht einfacher oder so. Es ist tatsächlich in Deutschland auch viel weiter verbreitet als Steel Darts. Ich spiele immer noch E-Dart wenn ich dazu Zeit habe. Dann bin ich auch Freitagabend in der Bezirksliga dabei.
Und findest du noch Zeit in der DDV Bundesliga zu spielen? BZW. ist es dir wichtig, Mitglied eines Teams zu sein?
Ich habe immer sehr gerne in der Bundesliga gespielt. Gerade auch das im Team spielen habe ich gerne gemacht. Und wenn ich Zeit habe, spiele ich auch an den Spieltagen mit dem DV Kaiserslautern mit.
Du zwängst ja auch irgendwie die Superleague noch mit in deinen Terminplan - wie wichtig war sie für dich? Und was glaubst du, wer von den Spielern die größte Chance hat, sich für die PDC Weltmeisterschaft zu qualifizieren, also das Finale zu erreichen?
Für mich ist das vor allem ein gutes Training. Für viele andere Teilnehmer ist es natürlich die Chance, sich für die PDC Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Aber das was für mich das gute Training ist - diese vielen Spiele nacheinander, ist für viele andere gerade das Problem. Daran sind sie einfach nicht gewöhnt. Ich habe Martin Schindler die Daumen gedrückt...
Was würdest du sagen, was deine Stärken sind? Und was deine Schwächen?
Ich denke, das ist Beides das Gleiche - nämlich dass ich so ruhig bleibe. Das kann sich positiv auswirken, aber auch negativ, weil ich mich einfach nicht so pushen kann.
Was fasziniert dich am meisten am Dartsport?
Vielleicht diese 1:1 Situation. Es ist ein bisschen so, als würde man einen Elfmeter nach dem anderen schießen. Und es gefällt mir auch, dass man es wirklich selbst in der Hand hat.
Hast du außerhalb des Dartsports noch andere Hobbys und Interessen?
Für Fußball interessiere ich mich ein bisschen. Ich bin Anhänger des FCS Saarbrücken, auch wenn der nur in der vierten Liga spielt. Aber immerhin hat Saarbrücken neulich im DFB Pokal Köln geschlagen!