Darts im Mississippi Delta 2

Darts, Alkohol, Weiber. Und der Blues.
Wie einer meiner Blues Harmonika Klassenkameraden, Richard Verrochi, so schön sagte: "Ich kam nach Clarksdale um dem Teufel einen Pakt anzubieten und musste feststellen, dass Jon Gindick der Teufel ist und dass er nicht verhandelt.

Gindick, wie die meisten von euch Dartmenschen nicht wissen werden, ist einer der besten Blues Harmonika Lehrer der Welt. Er leitet ein "Jam Camp " in Clarksdale, Mississippi - dem Kernland des Blues - drei Mal im Jahr. Unterstützt von den besten Bluesmusikern der Gegend (Hash Brown, T.J. Clay, Cheryl Arena, Brian Purdy und Richard Sleigh) und dem Bluesmeister und Komponisten Ralph Carter und anderen hilft diese Besetzung fortgeschrittene Bluesmusiker und auch Amateure zu unterrichten, zu schulen und zu formen.
Einige Stufen weiter unten - da stehe ich, obwohl ich nach ein paar Bier eine ganz anständige Interpretation von Mary had a Lamb blasen kann. Nach einer Woche im Delta wusste ich, dass ich nicht nur beim Dartspielen Mist bin. Aber ich hatte einen Plan.

Wenn du den ersten Teil dieser Serie (Darts im Delta) gelesen hast, wirst Du Robert Johnson kennen. Der als junger Man auf einer Plantage im ländlichen Mississippi lebende Johnson wurde allgemein als guter Harmonika Spieler aber nur mittelmäßiger Gitarrist betrachtet. Man sagte ihm er solle zu einer Kreuzung in der Nähe der Plantage gehen, wo er vielleicht jemanden treffen könnte, der ihm weiterhelfen würde.
Johnson fand den Weg zur verlassenen, unbefestigten Kreuzung zwischen Highway 61 und Highway 49 in der Nähe von Clarksdale. Dort traf er einen Mann(den Teufel) der ihm für seine Seele die meisterhafte Beherrschung des Instrumentes eintauschte. So konnte er den Blues komponieren, für den er berühmt wurde.
Das alles geschah vor rund 90 Jahren (ich meine das ernst - irgendjemand hat es auf seinem Iphone festgehalten). Der Rest ist Geschichte.
1986 wurde Johnson bei der allerersten Einführungszeremonie in die Rock and Roll Hall of Fame eingeführt. 1990 stand er auf Platz 1 der Gitarren Götter Liste des Spin Magazins. 2008 stand er im Rolling Stone Magazin auf Platz 5 der 100 besten Gitarristen aller Zeiten. Nicht schlecht für jemanden, der nur 27 Jahre alt geworden ist und nur 29 Titel aufgenommen hat. Johnson starb 1938.

Logischer weise war also mein erster Halt auf meinem Weg nach Memphis - mit Darts und Board - diese Kreuzung. Ich wollte mich auch auf einen Handel einlassen.
Die unbefestigte Kreuzung ist jetzt asphaltiert. Da gibt es einen Gemischtwaren-Laden, einen Donut Laden mit Barbecue namens Abes. Dann steht da noch ein großes Schild, das an die Johnson/Teufel Legende erinnert. Aber da ist kein verdammter Teufel. Na ja, mit Ausnahme von Gindick.

Gindicks Blues Camp hat sein Hauptquartier im Shack Up Inn auf dem Grund der ehemaligen Hopson Plantage ein paar Meilen außerhalb von Clarksdale in drin 10 Meilen auf der anderen Seite der verlassenen Stadt Tutwiler zu finden ist (dort wo am Rande eines offenen Fels der legendäre Sonny Boy Williamson im Schatten einer alten Eiche seine letzte Ruhestätte gefunden hat). Nach dem Zensus von 2000 haben 34 Prozent der Tutwiler Haushalte einen weiblichen Haushaltsvorstand, ohne anwesenden Ehemann, Das pro Kopf Einkommen lag bei 7, 177 Dollar. Es gibt einen Grund dafür, dass die Menschen da unten den Blues singen.

Mehr oder weniger unverändert seit der Zeit als es eine Plantage findet man auf dem Shack Up Inn Grundstück verstreuten Pächter (nicht Sklaven)Hütten mit Wellblech Dächern und Wänden aus Mississippi Zypressen (aber mit modernem Komfort wie Badezimmer, Kühlschränken und Klima-Anlagen), der Original Baumwollentkernungsmaschine und Treibhäusern und anderen Nebengebäuden.
Direkt vor dem Hauptgebäude findet man eine verrostete mechanische Baumwollpflückmaschine, eine der ersten, die in den 1930er Jahren von International Harvester hergestellt wurde.

Und so wurde wie für Tom Waits, Pinetop Perkins, Elvis Costello, Robert Plant, Big Jack Johnson, Super Chikan, Charlie Musselwhite, Robert Plant, John Mayall und Ike Turner um nur einige zu nennen - und den vielen, die jedes Jahr hier auf ihrer eigene Blues Pilgerreise hier vorbei kommen der Shack Up inn für eine Woche meine vorübergehende Heimat. Es war wunder bar.

Natürlich gab es Regeln, wie das überall in guten Establishments der Fall ist.

Wenn du etwa fragst: "Gibt es im Shack Up Rabatt?" Ist die Antwort: "Rufe Priceline an und frage den dicken und aufgeschwemmten William Shatner." "Sind Reisebusse erlaubt?" "Nein, nur mit vorhergehender Genehmigung - und wir werden es nicht genehmigen." "Sind die Dächer undicht?" "Nur wenn es regnet." "Gibt es Zimmer Service?" "Frag beim Peabody in Memphis nach." " Telefon und Fax?" "Frag bei irgendeinem Comfort Inn nach." "Gibt es Bier?" "So viel wie du vertragen kannst."
Und dort war ich, zusammen mit rund 30 weiteren Blues Enthusiasten aus der ganzen Welt - ein Arzt aus Australien, ein Rechtsanwalt aus Georgia, ein Gastwirt aus Phoenix, ein Werbefachmann aus Australien, ein Ingenieur aus Texas. Alles Fachleute, die meisten mit weißen Haaren und jeder Einzelne davon kann sich dafür verbürgen, dass die Antwort auf die "Gibt es Bier?" Frage 100 Prozent richtig ist - oder zumindest war bis wir dort ankamen.

Jeden Tag vom frühen Vormittag bis spät am Nachmittag nahmen wir die Grundlagen durch - wie man die Mundharmonika richtig hält und wie man atmet, alles über einzelne Noten und sichere Noten, über Klang, Ansatz, Artikulation, Bindungen, Vibrato, Rhythmus, blockierende Zungen, Phrasierung, Lautverstärkung und vieles mehr. Ich habe sogar gelernt, wie ich mein Instrument auseinandernehme (Ich muss wieder hingehen, um herauszufinden, wie ich es wieder zusammenbaue):
Von Anfang an war klar, dass mein Klassenkamerad nicht Recht hatte, Glindick ist kein Teufel, er ist ein Perfektionist, der betont, wie wichtig richtige Grundlagen sind.

Früh in meiner Darts-Karriere habe ich einen Spieler aus Texas namens Dave "Buddha" Fasnacht getroffen, der mich davon überzeugte von einem Drei-Finger zu einem Vier-Finger Griff zu wechseln - und für die nächsten paar Monate war mein Spiel überwiegend Mist. Ich habe noch nicht einmal die Wand getroffen. Das ist bei der Blues Harmonika nicht anders. Genauso wie Griff, Stand, Follow Through , Rechnen und anderes mehr wesentlich sind, wenn man beim Dart auf das nächste Level kommen will(ganz egal, was dein Level ist) ist es in der Harmonika Welt genauso. Das erste, war ich lernte war, dass ich meine Harmonika rückwärts und verkehrt herum halte, Jetzt kann ich Geräusche machen.

An einigen Nachmittagen und Abenden haben wir gejammt. Sie hatten einen Toaster aus den 1920ern, Wonder Bread Leibe und einige Marmeladen. Fantastisch. Aber warte! Da habe ich irgendetwas durcheinandergebracht! Das findet man im Yazoo Pass dem schicksten Restaurant in der Stadt Clarksdale. Ich ging jeden Morgen zum Frühstücken ins Yazoo Pass und kann es wirklich nur empfehlen. Und Abe an der Kreuzung hat das beste Barbecue, das ich je in mich gestopft habe. Es war so gut, dass ich etwas davon auf meinem Shirt mit nach Hause gebracht habe.
Während ich in der Stadt war (und auch in Tutwiler) habe ich nach einer Dart Bar gesucht. Leider habe ich so ein seltenes Exemplar nicht gefunden. Ich war überrascht. Etwas, was man uns beigebracht hat, war der 12-Bar(=Takt) Fortschritt (deshalb hatte ich gehofft), aber es stellte sich heraus, dass die Bars - das ganze Dutzend - von denen Gindick und die Coachs sprachen, irgendetwas mit Musik zu tun hatten. Schließlich hat mir es aber noch das Leben gerettet, dass ich den 12-Bar Fortschritt gelernt habe.
Wenn ich sagte, wir haben gejammt, meinte ich damit, dass wir jeden Tag Texte verfasst haben und das was wir gelernt hatten durch ein Mikrophon mit dem Namen Green Bullet von uns gaben. Ich würde sagen es war einschüchternd, wirklich, aber im Rückblick war es die notwendige Vorbereitung auf das was für mich die wahrscheinlich beängstigendste Erfahrung meines Lebens war. Am Donnerstagabend machten wir uns alle auf den Weg zu einer Spelunke namens Ground Zero um dort auf der Bühne aufzutreten.

Ground Zero ist der Club von Morgan Freeman und eine der berühmtesten Blues Kneipen der Welt. Unterstützt von einer Band hatte jeder von uns einen Kurzauftritt von rund 60 Sekunden auf der Bühne. Unsere kleinen Programme sollten live gestreamt werden.

Als ich in der Warteschlange auf meinen Auftritt wartete, erinnerte ich mich an eine Zeit, zu der ich fünf Jahre alt war. Auf dem College schwamm ich wettkampfmäßig, aber das war mein aller erster Wettkampf in einem YMCA Schwimmbad in Lima in Ohio. Als die Startpistole losging - ich wusste nicht, dass es eine gab - fing ich an zu weinen, sprang vom Startblock und lief in die Umkleidekabine.
Ich habe diese Nervosität vor einem Wettkampf nie ganz überwunden. Sogar noch heute geht es mir beim Dartspielen so. Vor jedem Spiel - auch wenn es nur in der Liga ist- scheine ich mehr Zeit auf der Toilette als am Practice Board zu verbringen. Aber nach dem ersten Wurf habe ich mich gefangen.

Vielleicht ist es angeboren. Lampenfieber.

Während die Warteschlange im Ground Zero kürzer wurde hatte ich das Glück, dass die Toilette direkt links von mir war. Während der rund 15 Minuten, die ich auf meinen Auftritt wartete, war ich mindestens 12 Mal dort. Bis zu einem gewissen Grad beruhigte es mich, dass es meine Klassenkameraden genauso machten.
Und dann war ich auf der Bühne. Gindick sagte meinen Namen an. Die Band spielte. Und ich hatte vollkommen vergessen, was ich geplant hatte - aber erinnerte mich an den 12-Ton Blues Fortschritt und irgendetwas rief I- IV-V und meine sicheren Töne. Und das habe ich gespielt. Ich glaube, ich habe den Fortschritt vier oder fünf Mal durchlaufen und nach den ersten Tönen verließ mich meine Angst. Ich hörte auf zu denken. Mein Glücksbringer half- wie man so sagt.
Ich bin ziemlich sicher, dass ich mich für den unwissentlichen Zuschauer nicht schlecht anhörte. Unglücklicher weise gibt es aber so etwas an einem solchen Ort wie dem Ground Zero nicht.
Aber ich kam durch. Es fühlte sich toll an dem Schreckgespenst gegenüberzutreten und die Herausforderung anzunehmen. Und so ging ich dann, da ja kein Dartboard in Sicht war zu etwas, mit dem ich vertraut war und mich auch wohl fühlte - zur Bar für ein Bier und dann zum Pool-Tisch.

Einer meiner Klassenkameraden, Hal Vandiver spielte mit einem der Coaches, Brian Purdy, 8-Ball. Sie waren gut und ich bin sicher, ich hätte es mit jedem von ihnen aufnehmen können (allerdings habe ich so auch schon einmal von Robert Heckmann gedacht, der daraufhin mit mir in einer Bar namens Green Dragon während der ersten Shanghai International Darts Open 2009 Schlitten fuhr). Möglicher weise hat er mir auch all mein Geld abgeknöpft, aber ich konnte mich am nächsten Morgen nicht mehr an allzu viel erinnern.

Etwas was ich in dieser Woche lernte ist, dass Bluesmusiker und Dartspieler eine Menge Gemeinsamkeiten haben. Wir leben in Bars, T-Shirts sind die offizielle Kleidung. Hüte schauen gut aus. Bier hilft. Am besten spielt man einfach seine Riffs oder wirft seine Darts, zu viel zu denken ist der große Feind. Und es ist nicht einfach davon zu leben.

Am letzten Tag im Shack Up mussten wir wieder eine Vorstellung geben. Einige spielten fantastische Interpretationen von "verbluesten" Stand-bys wie "Fly me to the moon" oder "Love me do" von den Beatles. Wie der Dummy, der ich eben bin, hatte ich einen kleines Nichts namens "Darts, Alkohol, Weiber und der Blues" geschrieben.

Sie nennen mich den verrückten Dartoid
Ich bin 38
Du bist so dumm wie ein Esel,
Wenn du diesen Mist glaubst

Sie nennen mich den verrückten Dartoid
Das ist mein Name
Ich werfe diese Darts an das Board
Das ist mein Spiel

Ich werfe sie am Morgen
Werfe sie spät am Abend
Manchmal geht das Bier aus
Das ist verdammt noch mal nicht richtig

Kostet nicht viel Geld
Außer für den Alkohol
Aber wenn ich mit einem Six-Pack fertig bin
Fühle ich mich gut und verliere

Ich bin nicht direkt ein Profi
Aber ich trainiere wie verrückt
Also bin ich ziemlich gut (und habe immer grünes Licht)
Und ziehe die kurvigen Damen an

Sie nennen mich den verrückten Dartoid
Das ist mein Name
Darts, Alkohol, kurvige Damen
Das sind meine Spiele

Meine Frau weiß nicht so recht, was sie von den Darts halten soll
Sagt ich bräuchte etwas anderes zu tun
Deshalb stehe ich hier
Und versaue den Blues

Yeah, sie nennen mich den verrückten Dartoid
Das ist mein Name
Darts, Alkohol, vollbusige Damen. Und jetzt der Blues
Das sind meine Spiele

Ich war ein Reinfall. Nur dank der Band - ganz besonders Ralph Carter - und einem der Coachs, Cheryl Arena, die mich unterstützten - machte ich mich nicht komplett zum Narren. Vielleicht habe ich es aber doch getan.
Aber wie auch immer. Genauso wie ich als ich meinen ersten Dart in der Hand hielt angebissen hatte, erging es mit dieses Mal auch.

Vor nicht allzu langer Zeit kam ein Reiseschriftsteller namens Margie Goldsmith in Gindicks Jam Camp vorbei und schrieb für das monatliche Magazin der American Airlines einen Bericht. Ein Teil dessen was sie schrieb lautet folgendermaßen: "Ich kann mit nichts Beängstigenderes vorstellen als in einem Club Musik zu spielen, es sei denn vielleicht eine Bilanzprüfung wegen einer geschäftlichen Abrechnung in einem Blues Camp. Als ich Gindick sagte, welche Angst ich verspürte, meinte er, dass Angst etwas Natürliches sei und dass ich nur Mut brauchte und die Musik aus mir herausströmen lassen sollte. Ich habe keine Ahnung, ob das was klingen wird, aus mir herauskommen wird oder von einer göttlichen Intervention stammt, aber als ich auf die Bühne kam und mich die Bandmitglieder anlächelten und ermutigten, habe ich keine Angst mehr. Ich halte meine Mundharmonika ans Mikrophon, atme ein und bin plötzlich in einer anderen Welt."

Genauso ist es beim Dart auch.

Ich habe die Musik in mir. Es ist nur kein perfektes Spiel...

Vor Ort

Dartoid







Kontakt © Global Darts. All Rights Reserved. Impressum