Darts? De(a)finitv!!

"De(a)f" ist ein Wortspiel, dass leider nur im englischen funktioniert. Deaf bedeutet nämlich "taub" oder wie es im Deutschen auch heißt "gehörlos". Und "deafinitelydarts" ist der Name einer Kampagne der PDC.


Aber was hat jetzt Darts mit Taubheit zu tun? Und worum geht es eigentlich bei dieser Kampagne für die die PDC unter anderem mit diesem Bild von Andy Smith wirbt?




Erste Bekannschaft mit der Kampagne habe ich während der UK Open gemacht. Da sass ich auf der Pressetribüne der PDC und beobachtete, wie Lawrence Lustig, der Fotograf der PDC, eher ungewöhnliche Bilder machte. Er fotografierte zwar Dartspieler, aber das Ergebnis sah beispielsweise so aus:




Außerdem wurde John McDonald von einer Frau auf die Bühne begleitet, die dort alles, was er sagte, in Gebärdensprache übersetzte...


Da ich mir keinen Reim darauf machen konnte, fragte ich sowohl bei Dave Allen von der PDC als auch bei der Dame, die John McDonald begleitet hatte, nach.


Die Dame war die Vertreterin einer karitativen Organisation, die sich um die Belange von Gehörlosen kümmert. Die Organisation heißt SignHealth und es geht ihr im Wesentlichen darum, die Situation von Gehörlosen zu verbessern vor allem auch im Bezug auf die medizinische Versorgung, wo es erhebliche Defizite gibt.
Das beginnt schon, wenn sich ein Gehörloser um einen Arzttermin bemüht - es gibt zwar Telefone für Gehörlose, aber nicht jeder Betroffene hat eines. Es geht im Wartezimmer weiter, wo man ja nicht hört, wenn man aufgerufen wird. Und es endet im Arztzimmer, wo es sehr schwierig mit der Kommunikation wird.
Hier hilft nun SignHealth weiter.
Daneben kümmert sich SignHealth auch um geistig Behinderte Gehörlose und unterhält verschiedene Einrichtungen mit betreutem Wohnen.

Was das Alles aber mit Dart zu tun hat? Nun, einmal ist es natürlich so, dass es auch gehörlose Dartspieler gibt, davon später mehr.

Zum Anderen aber unterstützt die PDC SignHealth bei einem Weltrekordversuch, der nun eindeutig mit Dart zu tun hat. Bei diesem Weltrekordversuch sollen so viele Dartspieler wie möglich in ganz England am 21. Oktober in einem 4-Stunden Zeitraum Dart spielen und damit Geld für SignHealth aufbringen.
Dart Spieler können sich als acht Personen Teams überall in Pubs und Clubs anmelden. Pro Team wird ein Startgeld von 100 Pfund erhoben, möglichst sollte auch jedes Team Mitglied neben dem Startgeld noch einen bestimmten Betrag spenden. Gespielt wird auf Boards und mit Flights, die jedem Team zur Verfügung gestellt werden und zwar 1001 Double-In, Double-Out.
Natürlich gibt es auch etwas zu gewinnen - der Austragungsort, an dem am meisten Spendengeld gesammelt wurde, wird von einem Spieler der Premier League besucht, der die gewonnen Preise verteilt und auch Exhibition Matches spielt. Auch noch 14 weitere Austragungsorte mit besonders hohem Spendenaufkommen erhalten Besuch von einem PDC Spieler.

Das Engagement der PDC für derartige Projekte ist sicherlich nachahmenswert. Und ich stellte mir die Frage: "Wie ist das eigentlich mit den Gehörlosen und dem Dartsport in Deutschland?"
In England hatte man mir erzählt, dass Darts bei Gehörlosen verbreitet ist - auch wenn man nicht hört kann man ja durchaus Dart spielen. Das erschien mir absolut einleuchtend, ich hatte darüber nur ganz ehrlich noch nie nachgedacht.

Als ich wieder zurück in Deutschland war habe ich dann aber einmal im Internet gesucht und wirklich auch etwas gefunden.
In Deutschland gibt es den Deutschen Gehörlosen Sportverband, der die verschiedensten Fachsparten umfasst. Dazu gehört neben Fußball, Leichtathletik, Schwimmen und zahllosen anderen Sparten seit 2003 tatsächlich auch Dart. Dart fällt beim DGS unter "Freizeitsport", das bedeutet, es ist eine Sportart, die vom BMI nicht als förderungswürdig anerkannt wird und wird deshalb auch nicht finanziell gefördert. Gespielt wird nur E-Dart.

Jedes Jahr werden deutsche Doppel- und Einzelmeisterschaften ausgerichtet, die rein über die Stargebühren finanziert werden. Allerdings werden die Automaten meist zur Verfügung gestellt, dieses Jahr von der Firma NSM Löwen Entertainment in Bingen. Es nehmen normalerweise zwischen 60 - 80 Herren und so um die 20 Frauen daran teil. Gleichzeitig werden seit ein paar Jahren auch die Seniorenmeisterschaften ausgetragen.
Die diesjährigen deutschen Meisterschaften fanden Anfang Oktober in Wenningsen in der Nähe von Hannover statt, leider mit nicht ganz so vielen Teilnehmern, da die bayerischen Spieler nicht teilnehmen konnten. Bei den deutschen Meisterschaften wird immer 301 gespielt.
Glückliche Sieger, auch bei den Gehörlosen fliesst aus Freude oder Frust manche Träne, waren bei den Damen im Einzel Angelika Seidel und im Doppel Angelika Seidel/Britta Kahle, bei den Herren im Einzel Rainer Luttmann und das Doppel Horst-Dieter Hobirk/Zarko Fischer. Die Seniorenmeisterschaft konnte ebenfalls Horst-Dieter Hobirk für sich entscheiden.


Auch eine Mannschaftsmeisterschaft gibt es und ebenso verschiedene regionale Turniere. Registriert sind beim DGS rund 350 Dartspieler die sich auf rund 35 Dartvereine verteilen. Die 3 Top Mannschaften sind GSV Braunschweig, GFKSV Gladenbach und HSC Schleswig, die anscheinend auf einem wesentlich höheren Niveau spielen, als der Rest der Mannschaften. Die Vereine haben ausschließlich gehörlose Mitglieder und sind ausschließlich Vereine, die verschiedene Angebote für gehörlose oder hörgeschädigte Mitglieder haben, Dart ist immer nur eines von vielen Angeboten.
Schwierig scheint es zu sein, Jugendliche für den Dartsport zu gewinnen, obwohl es immer wieder versucht wird. Momentan bemüht man sich auch darum internationale Beziehungen aufzubauen, im Gehörlosen Dartsport gibt es bisher keine.

Sponsoren gibt es im Bereich "Gehörlosen Dartsport" so gut wie gar nicht. Wenn zu den Turnieren überhaupt Zuschauer kommen sind diese ebenfalls gehörlos. Es kann vorkommen, dass Gehörlose Mitglied eines "normalen" Dartvereins sind, aber hörende Mitglieder in Gehörlosen Vereine gibt es nicht. Mir wurde versichert, dass sich die deutschen gehörlosen Dartspieler sehr freuen würden, wenn auch bei ihnen einmal ein Topspieler vorbeischauen würde - bisher ist das noch nie passiert.


Die Gehörlosen in Deutschland wären froh, wenn man ihnen etwas mehr Aufmerksamkeit schenken würde, denn auch bei uns in Deutschland sind sie eher eine Randgruppe. Die Interessen der deutschen Gehörlosen, deren Zahl mit 80 000 angegeben wird, vertritt der Deutsche Gehörlosen Bund, den es bereits seit 1927 gibt und der verschiedenste Hilfestellungen für Gehörlose anbietet.
Im Mittelpunkt der Arbeit des Deutschen Gehörlosen Bunds stehen die Gebärdensprache, die in Deutschland eine gesetzlich anerkannte Sprache ist, und Familien mit hörgeschädigten Kindern.
Wie ich auf der Homepage des DGB gelesen habe, ist die Gebärdensprache keine universelle Sprache, es gibt tatsächlich eine spezielle deutsche Gebärdensprache, die außerdem noch verschiedene regionale Dialekte aufweist.

Ob die deutschen Gehörlosen wohl dann ein solches Bild verstehen? Die Dartspieler unter ihnen sicherlich!



Und für alle hörenden Leser - die abgebildeten Spieler zeigen ihre Spitznamen - in Gebärdensprache!!






Die Bilder wurden uns freundlicherweise von Lawrence Lustig/PDC und vom Deutschen Gehörlosen Sportverband zur Verfügung gestellt.





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