Highgate Wood

Wenn ich von der Londoner U-Bahn hoch laufen zum Muswell Hill - sowohl hoch als auch Hill trifft in diesem Zusammenhang durchaus zu - nehme ich fast immer den Weg durch Highgate Wood, der parallel zur Muswell Hill Road, einer alten Römerstraße, verläuft. Obwohl man dort natürlich auch die Autos sieht und fahren hört, ist man doch fast in der Natur, was nach einem Tag in der Londoner Innenstadt oder auch mehreren Abenden im Alexandra Palace schon erholsam ist.
Bisher habe ich mir darüber noch nie Gedanken gemacht - dieses Jahr fiel mir dann aber doch auf, dass so ein richtiger Wald mitten in einem Stadtteil einer der größten Städte der Welt ja doch etwas ziemlich ungewöhnliches ist. Also habe ich einmal ein bisschen nachgeforscht - und siehe da, die Geschichte des Waldes ist sogar noch ungewöhnlicher, als ich dachte.

Highgate Wood ist sehr alt - man hat hier Übereste gefunden, die darauf schließen lassen, dass hier Menschen schon vor 7000 Jahren auf die Jagd gegangen sind, dass es also schon damals hier eine Art Wald gegeben hat. Auch die Römer waren dann viel später in diesem Gebiet unterwegs und haben einige Töpfereien unterhalten, Scherben und Brennöfen hat man in den 1960er Jahren bei einer Ausgrabung hier gefunden. Mit Sicherheit haben bereits die Römer hier so eine Art Waldwirtschaft betrieben. Rund 200 Jahre nachdem die Römer aus Großbritannien verschwunden waren, wurde der Wald Eigentum des Bischofs von London. Auch dann wurde hier wieder gejagt und die Bewirtschaft der Wälder ging weiter. Ähnlich wie bei den Römern fand hier etwas statt, das man Kurztriebbewirtschaftung nennt. Vor allem die Hainbuchen wurden alle rund 20 Jahre ziemlich zurückgestutzt, um den Bedarf an Holz zu decken. Andere Bäume - das waren vor allem Eichen - ließ man wachsen, um sie für den Schiffsbau zu verwenden. Wahrscheinlich wurden auch Schiffe, die gegen die spanische Armada im Einsatz waren, aus den Eichen von Highgate Wood gebaut.

Im 18. Jahrhundert wichen vieler der Wälder der Ausbreitung der Städte, Highgate Wood aber überlebte. Er überlebte 100 Jahre später auch den Ausbau der Eisenbahnen, weil man bereits damals erkannte, wie wichtig solche Flächen für Mensch und Natur waren. 1886 wurde Dank des Einflusses eines Lokalpolitikers der Highgate Wood von der Stadt London aufgekauft mit der Auflage, dass er für immer erhalten bleiben musste.

Natürlich gelang es nicht ihn quasi unbeschädigt in unsere Zeit herüber zu retten - er wurde zunächst einmal so eine Art öffentlicher Park und die Besucher haben ganz schönen Schaden hinterlassen. Inzwischen ist man in dieser Hinsicht weiter - kleine Bereiche des Waldes werden für ein paar Jahre durch natürliche Hecken abgesperrt, so dass sich dort der Bewuchs erholen kann und so findet man heute wieder eine große Vielfalt an Tier und Pflanzenarten im Wald, neben den Vögeln haben auch verschiedene Fledermausarten, der in London unvermeidliche Fuchs und zahlreiche seltene Insekten hier eine Zuflucht gefunden. Auch Buschwindröschen und Glockenblumen sind Dank der Arbeit der Förster und Biologen zurückgekehrt, auch wenn das Zusammentreffen von Naturschutz- und Erholungsbelangen nicht immer unproblematisch ist.



Falls ihr also einmal in die Gegend kommt, nehmt den Weg durch den Wald - allzu oft werdet ihr das in einer Großstadt nicht können Und ihr könnt sogar immer noch die gleichen Baumarten sehen, die schon vor hunderten von Jahren hier standen: Eichen, Hainbuchen und Stechpalmen, allerdings dürften damals lange nicht so viele Hunde unterwegs gewesen sein...











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