Immer wieder liest man über "Darting Heroes" , über Dart-Helden , aber jedes Mal, wenn ich darüber nachgedacht habe, wer mich
denn eigentlich besonders beeindruckt hat von all den Spielern, die ich bisher als "Fan" oder "Berichterstatter" bei den
Dart-Turnieren kennen gelernt habe, musste ich an John MaGowan denken.
Jetzt kann man John vielleicht nicht unbedingt als "Helden" bezeichnen, er selbst wird sich sicher auch nicht so sehen.
Seine Leistungen entsprechen auch sicherlich nicht Phil Taylors Leistungen, er fährt nicht einen Sieg nach dem anderen ein.
Trotzdem ist für mich John auch so eine Art "Held" oder besser vielleicht eine der Persönlichkeiten, die den britischen
Dartsport mitbestimmen und die einfach nicht aus dem Circuit wegzudenken sind.
Meine erste "Begegnung" mit John fand im DSF statt, 2006, als wir ja in der glücklichen Lage waren, jedes der Major-Turniere
live im Fernsehen zu verfolgen. Damals spielte sich John bis in die Halb-Finale der UK Open, wo er dann gegen
Raymond van Barneveld verlor. Zugegebenermaßen war ich damals nicht besonders beeindruckt.
Im Herbst 2006 sah ich John zwar live in Newport, war dort aber mehr damit beschäftigt mich mit Bob Anderson und
seiner Frau bekannt zu machen.
Dann fuhr ich im Frühjahr 2007 nach Hayling Island zu einem Players Championship Weekend. Die Besonderheit dort war,
dass man als "Fan" mit einigen der Spieler zusammen in einer Hotel-Anlage übernachtete und dass man zusammen mit den
Spielern zu den Mahlzeiten an Tische gesetzt wurde. Die Dartspieler saßen getrennt von den älteren, vornehmen Herrschaften,
die in der Anlage Urlaub machten.
Ich glaube, außer mir war sonst kein Fan anwesend, der dort gebucht hatte. Ich endete in einer Tischgemeinschaft mit
Barrie Bates, Harry Anderson und John MaGowan. Selten habe ich während eines Dart-Turniers so viel gelacht wie damals..
Wir hatten alle so unsere Verständigungsprobleme, Harry Anderson, der wie John MaGowan aus Nord Irland stammt, spricht
einen ziemlich heftigen Dialekt, schwer zu verstehen - für mich und Barrie Bates, Barrie seinerseits redet im
walisischem Dialekt, den wiederum die Nordiren und ich nicht immer 100% verstanden. John MaGowan, bei weitem der
Älteste in unserer Runde , half so gut er konnte.
Seit damals habe ich John immer wieder getroffen, dabei letztes Jahr auch seine Frau kennen gelernt, die ihn bei den
großen Turnieren begleitet.
John MaGowan wurde am 10.Juni 1941 geboren und lebt in Donaghadee in Nord Irland. Er spielt schon sehr lange Darts,
rund 50 Jahre.
Angefangen hat er in der örtlichen Liga, in der er auch heute noch spielt. Dort spielt er auch Doppel - zusammen mit Denise
Cassidy, die sich für die erste PDC Unicorn Women World Championship qualifizieren konnte. Später hat er dann auch für
die County gespielt und insgesamt rund 35 Mal für Nord Irland. 3 Mal war er nordirischer Meister, sechsmal hat er den
Northern Ireland Penthatlon gewonnen. Mit der irischen Mannschaft hat er auch an mehreren Europe Cups teilgenommen
und ist um die ganze Welt gereist, selbst in Australien hat er schon Darts gespielt.
1994 wurde er Mitglied der BDO, war aber dort nicht besonders erfolgreich, einmal hat er an der Weltmeisterschaft
in Lakeside teilgenommen, aber schon in der ersten Runde verloren.
In einem Alter, in dem sich die meisten Dartspieler schon zur Ruhe gesetzt haben, nämlich mit 61 Jahren, hat er dann
2002 zur PDC gewechselt, weil, wie er sagt, dort mehr gute Spieler spielen. Und hier war er viel erfolgreicher: 2004
erreichte er bei den UK Open die letzten 16, 2005 sorgte er beim World Grand Prix in Dublin für Aufsehen, als er sich
am Tag seines Viertelfinalspieles mit dem Hubschrauber von der Hochzeit seines Sohnes zum Spiel einfliegen ließ.
Er verlor dann aber im Viertelfinale gegen Dennis Smith.
2006 konnte er sich für die Weltmeisterschaft qualifizieren, schied allerdings in der ersten Runde aus, stand im
Halbfinale der UK Open und schaffte auch die Qualifikation für die Las Vegas Desert Classics.
2008 qualifizierte sich der inzwischen pensionierte Staatsbeamte erneut für das UK Open Finale, hatte aber das Pech
in Runde drei auf seinen starken Landsmann Brendan Dolan zu treffen. Ein paar Monate später kam er erneut in die
Schlagzeilen, bei einem Players Championship in Eindhoven in den Niederlanden warf er seinen ersten Neun-Darter bei einem
offiziellen Turnier und ist damit der älteste Spieler, dem das bisher gelungen ist.
Er konnte sich auch über das Qualifikationsturnier für die Weltmeisterschaft 2009 qualifizieren, wo er einen beeindruckenden
Erstrundensieg über Chris Mason feiern konnte, dabei warf er einen Durchschnitt von über 92. Wie er meint, konnte er das Spiel
rundum genießen, auf Grund seiner Erfahrung spürte er keinerlei Stress oder Druck.
John MaGowan trainiert, wie er erzählt, immer noch regelmäßig 2-3 Stunden am Tag. Er trainiert in seinem Gartenschuppen
und es ist auch schon vorgekommen, dass ihn seine Frau aus Versehen dort eingeschlossen hat, dann hat er eben 5 Stunden
trainiert..
Er trainiert viel Doppel und Tripel, viel das 20er Segment, wobei es ihm vor allem darauf ankommt, sein Leistungsniveau
aufrechtzuerhalten, er trainiert auch viel zusammen mit anderen Spielern aus der Gegend.
Manchmal hat er auch schon Exhibitions gespielt, aber mehr für karitative Zwecke.
John MaGowan, "Mr. Magoo" genannt, hat sich jetzt auch noch beigebracht mit dem Computer umzugehen, er hält nämlich die
nordirische Gruppe unter den Dartspielern ein bisschen zusammen und bucht für sie die Anreise und die Unterkünfte,
eine finde ich, beachtliche Leistung, ich weiß ja aus eigener Erfahrung wie zeitaufwendig und schwierig das sein kann.
John ist immer gut gelaunt, wenn ich ihn treffe. Er beklagt sich nicht, wenn er verliert. Er jammert nicht darüber,
was ihn das alles kostet. Ich habe ihn überhaupt bisher nur einmal schimpfen gehört, da hatten ihn zwei seiner
Nordiren in Stich gelassen, obwohl er für sie mitgebucht hatte.
Und als ich ihn fragte, was ihm denn am besten gefällt bei seinen Turnierteilnahmen, meinte er, am meisten Spaß
mache es ihm, die vielen unterschiedlichen Leute zu treffen und sich mit ihnen zu unterhalten.
Was mich freilich am meisten beeindruckt hat, ist seine Einstellung zu all dem, was er da auf sich nimmt, zu den
ganzen Strapazen und dem Geld, das es ihn kostet. Er macht das alles aus Liebe zu seinem Sport.
Anmerkung: Auf Grund der schweren Erkrankung seiner Frau Maggie, die im Mai 2010 gestorben ist, hatte sich John MaGowan für einige Zeit vom PDC Circuit zurückgezogen. Seit Juni 2010 spielt er aber wieder, inzwischen 69 Jahre alt, und konnte sich auch für den World Grand Prix in Dublin qualifizieren, wo er allerdings in der ersten Runde gegen Raymond van Barneveld ausgeschieden ist.