"Nur ein Publicity Gag..."

...meinte Linda Duffy, als sie vom Vorhaben der PDC hörte bei der PDC Weltmeisterschaft zwei Startplätze für Damen auszuweisen. Sie führte weiter aus, dass sie es sogar als unfair betrachtet, wenn Frauen gegen Männer antreten. Natürlich liefert sie auch eine Begründung für diese im ersten Moment befremdliche Aussage - Duffy vertritt die empirisch untermauerte Überzeugung, dass es physische Gründe dafür gibt, dass Frauen in diesem Sport nie so gut sein werden wie die Männer.

Durchaus unbeeindruckt man Duffys Aussagen begriffen die meisten der Top Spielerinnen das Angebot der PDC allerdings als Chance und nahmen an den beiden Damenqualifikationen teil. Mit Lisa Ashton und Anastasia Dobromyslova holten sich dann zwei der absoluten Top Spielerinnen die Plätze. Beide verloren ihre Spiele, wobei Lisa Ashton Jan Dekker mit einem Durchschnitt von über 100 ein Set lang den Angstschweiß auf die Stirn trieb. Im restlichen Spiel war sie nicht mehr so stark, ihr Durchschnitt lag aber am Ende des Spiels mit 88.56 nur knapp unter dem Dekkers, der das Spiel mit einem Durchschnitt von 88.95 3:1 gewinnen konnte.
Dobromyslova zeigte eine ihrer schwächeren Vorstellungen und verlor mit 3:0 gegen Ryan Joyce.

Die PDC äußerte sich zufrieden und man hörte vom CEO Matthew Porter, dass man wohl an diesen zwei Plätzen für die Frauen auch bei der nächsten Weltmeisterschaft festhalten möchte.

Möglicherweise war es nur der Reiz des neuen, aber ich hatte den Eindruck, dass die Zuschauer und die Medien extrem positiv auf die beiden Frauen reagierten und sie sehr freundlich aufgenommen wurden. Auch die Reaktionen auf die Spiele und vor allem auf Lisa Ashtons Leistung waren positiv, wenn man auch Dinge lesen konnte, wie - die Frauen hätten Männern die Plätze weggenommen oder "eine reine Frauenqualifikation wäre keine "echte" Qualifikation", aber solche Stimmen waren eindeutig in der Minderheit.

Kaum war die PDC Weltmeisterschaft vorüber, begannen die BDO Weltmeisterschaften und damit auch die Frauen Weltmeisterschaft - zumindest fühlte es sich für mich so an... Entgegen den noch nicht allzu lange zurückliegenden Gepflogenheiten, die Damen Spiele entweder gar nicht zu übertragen oder sie vom Zeitplan her immer zu Beginn der Sessions unterzubringen, wo weniger Zuschauer Übertragungen oder Streams verfolgen, werden die Damenspiele seit einigen Jahren immer von Herren Spielen eingerahmt. Wenn man nicht bewusst Sofa oder Sessel verlässt und während der Damenspiele Geschirr spült, zur Fußball Übertragung umschaltet oder ähnliche Maßnahmen ergreift, (es würde mich interessieren, ob sich die Zuschauerzahlen während der Damen Spiele deutlich verringern.) , kommt man bei den Übertragungen heute nicht mehr an den Damenspielen vorbei. Dieses Jahr gab es leider einige schwache Auftritte bei den Damen ,- Laura Turner zum Beispiel brach bei ihrem Debüt auf der Lakeside Bühne vollkommen ein - man konnte aber auch einige wirklich beeindruckende Leistungen sehen - natürlich allen voran die von Mikuru Suzuki im Damen Finale, die man nicht so schnell vergessen wird.

Nicht allzu überraschend - schließlich haben sie von Seitens der BDO keine Sanktionen mehr zu befürchten - meldeten sich im Anschluss an die BDO Weltmeisterschaften auch einige der Frauen bei der UK Qualifying School an. Dort war die Konkurrenz groß - an allen Tagen nahmen über 400 Spieler teil. Trotzdem hätte es Lisa Ashton fast geschafft, sich eine Tour Card zu holen - sie landete mit 9 Punkten und 13 Siegen auf dem 20. Platz. Schon ein Punkt mehr hätte für eine Tour Card reichen können - und ihre Leistung wäre wieder in den Schlagzeilen der Medien gelandet.

Bisher ist nicht bekannt, ob Lisa Ashton, Anastasia Dobromyslova oder Fallon Sherrock die komplette Challenge Tour spielen werden - das hängt sicherlich auch davon ab, ob sich die Termine mit wichtigen BDO Turnieren überschneiden werden. Es kann aber durchaus sein, dass Lisa Ashton als Nachrückerin in Pro Tour Turnieren auftauchen wird, wenn nicht alle 128 Tour Card Inhaber melden. Und das ist ja oft genug der Fall.

Alles in allem denke ich, dass die Frauen einen guten Eindruck hinterlassen haben - sowohl bei den Weltmeisterschaften als auch bei der Qualifying School. Ob sie letzten Endes wirklich bei den Männern mithalten können, kann man für meine Begriffe noch nicht sagen - ganz egal, wie das nun mit den Unterschieden der Geschlechter hinsichtlich der Fähigkeiten beim Werfen tatsächlich aussieht. Lediglich Deta Hedman und Anastasia Dobromyslova haben ihr Glück bisher auf der PDC Pro Tour versucht, sind aber ähnlich wie - sagen wir mal - mindestens die Hälfte ihrer männlichen Kollegen nicht wirklich erfolgreich gewesen. Beim Dartsport steht ja eigentlich mehr um die Treffsicherheit auf einer kurzen Distanz im Mittelpunkt nicht so sehr das Werfen an sich wie zum Beispiel beim Speerwerfen. Daher bin ich noch nicht wirklich überzeugt, dass die eingeschränkten physischen Fähigkeiten in diesem Bereich beim Dartsport wirklich eine so große Rolle spielen.
Duffy dürfte aber Recht haben damit, dass die Frauen nie so gut Dart werfen werden, wie Michael van Gerwen oder Phil Taylor - allerdings gilt das auch für 80 Prozent der anderen männlichen Spieler. Für meine Begriffe sind die Frauen in den letzten Jahren besser geworden als sie früher waren und möglicherweise könnten sie so gut werden, dass sie sich auf der Pro Tour ihren Lebensunterhalt verdienen können - ich würde das nicht vollkommen ausschließen. In einem hat Duffy aber auf jeden Fall recht - es würden den Frauen auf sicherlich mehr helfen, wenn es auch für die Frauen vernünftige Strukturen vergleichbar der PDC Development Tour oder der PDC Challenge Tour geben würde. Aber danach schaut es Augenblick leider nicht aus.

Also wird den Frauen wohl auch in absehbarere Zukunft nichts anderes übrig bleiben als jede Chance - ganz gleich ob Publicity Gag oder nicht - zu ergreifen und das Beste daraus zu machen. Die zwei Startplätze bei der PDC Weltmeisterschaft haben sicherlich das Interesse am Frauendartsport verstärkt, zwei Frauen Erfahrungen auf der größten Bühne des Dartsports vor lauten Zuschauern beschert und dazu ein ordentliches Preisgeld, was durchaus positiv zu werten ist. Möglicherweise werden solche Auftritte auch dazu beitragen, dass sich mehr Mädchen für den Sport interessieren und engagieren - auch das wäre ein positiver Effekt, denn damit wächst natürlich auch die Chance, dass es mehr gute Dartspielerinnen gibt. Bisher sind liegen die Teilnehmerzahlen von Damen - oder Juniorinnen Turnieren immer deutlich unter denen der Herren oder Junioren Turnieren. Selbst den Events der JDC sind die Mädchen deutlich in der Minderzahl.

Darüber hinaus zeichnet sich ab, dass es auch greifbare positive Auswirkungen des verstärkten Interesses am Frauendartsport geben wird - Desmond Jacklin, der neue Vorsitzende der BDO, hat angekündigt, dass das Preisgeld für die Frauen deutlich erhöht werden wird und dass man darüber nachdenkt, das Format der Spiele der Damenweltmeisterschaft zu verlängern - etwas was die Spielerinnen schon lange vorgeschlagen haben, was aber bisher nicht erhört worden war.

Ganz egal ob es ein ein reiner Publicity Gag der PDC war oder nicht - indem die mutigen Frauen ihre Chance wahrnahmen und dadurch, dass die BDO zuließ, dass sie es taten, ist im Frauendartsport einiges in Bewegung gekommen - ein erster Schritt in die richtige Richtung.











Kontakt © Global Darts. All Rights Reserved. Impressum