PDC Weltmeisterschaft 2021 - 1

Das Finale ist ja nicht unbedingt immer das beste Spiel eines Turniers, aber es gibt dennoch einige Weltmeisterschaftsfinale, die es unter die besten Spiele der Dart-Geschichte geschafft haben. Drei davon habe ich mir ausgesucht und etwas genauer unter die Lupe genommen.
Den Anfang macht - ganz nach dem Motto "Ladies First" - das Finale der BDO Damen Weltmeisterschaft 2008


Eines der besten Damen Weltmeisterschafts-Finale: Gulliver v Dobromyslova
Die BDO Damen Weltmeisterschaft wurde erst seit 2001 ausgetragen - zunächst mit nur vier Spielerinnen. Das wurde aber schon 2002 geändert, ab da standen bis 2013 acht und ab 2014 bis zur letzten BDO Weltmeisterschaft 2020 sechzehn Spielerinnen auf der Bühne des Lakeside Country Clubs. Was sich im Laufe der Jahre nie änderte, war das kurze Format der Spiele. Best fof three sets war den Frauen immer zu wenig. Was sich im Laufe der Jahre wenigstens ein bisschen änderte, war der Stellenwert des Frauendartsports und die Fernsehzeit für das Damen Turnier. Zunächst bekam man meistens im Fernsehen lediglich die letzten paar Darts des Damen Finales serviert und das zu einer Zeit, zu der kaum jemand vor dem Fernseher saß. Dass sich das dann doch langsam änderte hat sicher auch mit Anastasia Dobromyslova zu tun. Und wohl auch mit dem Damen Weltmeisterschafts-Finale von 2008, das als eines der besten in die Geschichtsbücher einging.

2008 fand die BDO Damen Weltmeisterschaft zum achten Mal statt und bisher hatte jedes Mal Trina Gulliver ziemlich unangefochten gewonnen. Meistens hieß ihre Gegnerin Francis Hoenselar, mit der sie eine enge Freundschaft verbindet, die aber jedes Mal verlor. Aber 2008 lief das alles anders.

Die Russin Anastasia Dobromyslova war eine erfolgreiche Jugendspielerin gewesen, die 2001 das World Masters Jugendturnier und 2001 und 2002 den WDF Europe Youth Cup gewonnen hatte Bei den Erwachsenen hatte sie auf der internationalen Ebene bis 2006 noch keine größeren Erfolge aufzuweisen, gewann dann aber die British Open und so langsam wurde man auf die junge, blonde Frau aufmerksam, die so gut scoren konnte und frischen Wind in die Dartwelt brachte. 2007 konnte Dobromyslova sich zum ersten Mal für die BDO Weltmeisterschaft qualifizieren, verlor da aber noch in den Halbfinale mit 2:0 gegen Trina Gulliver. Im Laufe des Jahres gewann sie diverse Titel, darunter auch die England Open und die British Open und holte sich zusammen mit Irina Armstrong für Russland den Doppeltitel beim WDF World Cup in den Niederlanden. Für die Weltmeisterschaft war sie wie das Jahr zuvor als Nummer vier gesetzt.

Trina Gulliver hatte neben anderen Titeln 2007 die Dutch Open gewonnen und bei den World Masters in den Halbfinalen gestanden, war also auch durchaus in guter Form in die Weltmeisterschaft gegangen. Allerdings war in diesem Jahr die Niederländerin Francis Hoenselaar als Nummer 1 gesetzt und Trina Gulliver "nur" als Nummer 2.
Trotzdem war man vor dem Turnier überzeugt, dass Trina Gulliver auch in diesem Jahr wieder den Titel holen würde - ganz nach dem Motto "The same procedure as every year".

In der Ersten Runde trat Gulliver gegen die Waliserin Julie Gore an, die in diesem Jahr ihr Weltmeisterschaft-Debüt gab. Es war eine ziemlich klare Sache für Gulliver, auch wenn sie ein Set abgeben musste. Die anderen beiden Sets gewann Gulliver jeweils mit 3:0. Dabei hatte sie einen Durchschnitt von 78.33
Dobromyslova traf in Runde 1 auf die Engländerin Dee Bateman, bei deren ersten Weltmeisterschaftsauftritt, und hatte im ersten Set zu kämpfen, gewann dann aber doch mit 3:2, bevor sie sich das zweite Set ohne Legverlust holte. Dabei hatte sie mit 78.30 einen ganz ähnlichen Durchschnitt wie Gulliver.

In den Halbfinalen traf Gulliver auf die Niederländerin Karin Krappen - eine ziemlich erfahrene Niederländerin, die auch 2004 und 2009 in den Halbfinalen stand. Gulliver schlug sie mit einem etwas niedrigeren Durchschnitt mit 2:0, dabei verlor sie in jedem Set ein Leg an ihre Gegnerin.
Dobromyslova spielte in den Halbfinalen gegen die Engländerin Stephanie Smee, die nur dieses eine Mal bei BDO Weltmeisterschaft dabei war und 2014 ihr letztes Turnier spielte, und gewann - allerdings ohne Legverlust - ebenfalls mit 2:0. Dabei sank ihr Durchschnitt gegenüber ihrem ersten Spiel nur unwesentlich.

Und so kam es zu einem Finale zwischen der arrivierten, eher beherrscht wirkenden Engländerin Trina Gulliver und der jungen, aufstrebenden und mädchenhaften Russin Anastasia Dobromyslova, der man eine große Zukunft voraus sagte.
Dobromyslova, die im Jahr zuvor nach ihrer Niederlage gemeint hatte, dass Niederlagen sie wütend machten und dazu brachten, mehr Zeit ins Training zu investieren, zeigte sich gut vorbereitet auf ihr erneutes Aufeinandertreffen mit Gulliver.

Es war Gulliver, die das Finale mit einer 180 eröffnete, aber Dobromyslova behielt die Nerven und erzwang im ersten Set ein Entscheidungsleg, in dem Gulliver zwar die Darts hatte, aber lange nicht so gut scorte wie ihre Gegnerin, die nach 12 Darts auf einem Finish stand, während Gulliver noch weit davon entfernt war. Die Russin vergab ihre ersten Setdarts, holte sich dann aber doch das erste Set des Spiels und Gulliver hatte ein Set gegen den Wurf verloren. Die erfahrene Gulliver war eindeutig nervös und konnte das Spiel einfach nicht in Griff bekommen.
Im ersten Leg des zweiten Sets lagen beide Spielerinnen gleichauf - es war aber die Russin, die es mit einem Bullseye Finish gewinnen konnte. Dadurch beflügelt warf sie im zweiten Leg ihre erste 180 und outscorte Gulliver ein weiteres Mal. Wieder stand sie als Erste auf einem Doppel und lag so weit vorne, dass es kein Problem war, als sie ihre Doppel nicht auf Anhieb traf. Sie begann das letzte Leg mit einer 140 und Gulliver , die dringend einen hohen Score brauchte, hatte auch noch Pech mit einem Bouncer - nachdem sie ihre ersten beiden Darts in der Tripel 20 versenkt hatte, traf ihr dritter Dart das gleiche Segment so ungünstig , dass beiden anderen Darts auf dem Boden landeten - statt einer 180 waren es gerade noch 60 Punkte für ihr Konto. Trotzdem fand sie noch einmal zurück ins Leg, traf dann aber das Bullseye für ihr Finish nicht und Dobromyslova versenkte ihren dritten Matchdart.

Es war ein vollkommen verdienter Sieg, Dobromyslova hatte im Finale mit 81.54 einen um 10 Punkte höheren Durchschnitt als Gulliver. Aber für die Dartwelt war es ein ziemlicher Schock und das "Golden Girl" war zum ersten Mal entthront worden. Es war das Ende einer Ära und Dobromyslova war, ähnlich wie Fallon Sherrock nach ihrem so erfolgreichen Debüt bei der PDC Weltmeisterschaft 2020, der Liebling der Medien. Zum ersten Mal hatte damit auch eine Spielerin, die nicht aus England stammte, die Weltmeisterschaft gewonnen.

Seither hat Gulliver den Titel noch drei Mal geholt, Dobromyslova noch zwei Mal. Damit hält Gulliver den Rekord mit insgesamt zehn Titeln genauso wie den Rekord bei den Durchschnitten für ein einzelnes Match - 2006 hatte sie in den Halbfinalen gegen Clare Bywaters einen Durchschnitt von 95.97 - und auch für den höchsten Turnier Durchschnitt , den sie 2001 mit 89.45 aufstellte. Am nächsten kam ihr noch Lisa Ashton, die 2015 in den Viertelfinalen gegen Gulliver einen 90.18 Durchschnitt spielte und auch bei den Turnier Durchschnitten den dritten Platz hinter Gulliver einnimmt. Gullivers Rekorde bei der BDO Damen Weltmeisterschaft werden unangefochten bleiben - eine weitere Damen Weltmeisterschaft der BDO wird es nach dem Ende der Organisation nicht geben.

Das gesamte Damen finale könnt ihr hier sehen: Damen Weltmeisterschafts-Finale 2008







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