UK Open 2018 - Tag 3

Auch am Morgen des dritten Tags der UK Open traf ich im Frühstücksraum auf Rene Eidams und Gabriel Clemens, die an diesem Tag ihre Heimreise antreten wollten. Eigentlich hatte ich mich für den zweiten Tag mit ihnen im Presseraum verabredet gehabt - wie sich jetzt herausstellte, hatten sie auch versucht, dorthin zu gelangen, aber man hatte ihnen den Zutritt sowohl dorthin als auch zu den beiden Turnierspielstätten verweigert.Butlins hatte nämlich beschlossen, das Resort am Samstagvormittag endgültig zu schließen, alle noch dort wohnenden Gäste nach Hause zu schicken und außer den noch im Turnier befindlichen Spielern plus Anhang und allen anders am Turnier beteiligten Personen niemanden mehr hineinzulassen- nicht unbedingt eine Entscheidung im Sinne der PDC...
An diesem Morgen schien die Sonne, es war deutlich wärmer und zumindest die Hauptstraßen waren nahezu frei vom Schnee, der im Verlauf des Tages immer weiter dahin schmolz.

Wie immer kam ich auf meinem Weg zu Butlins am Bahnhof der West Somerset Railway vorbei, die heute nur noch in den Sommermonaten als Touristen Attraktion zwischen Minehead und einer Station kurz vor Taunton verkehrt. Würde die Bahn heute noch ganzjährig fahren, wäre die Anreise nach Minehead nicht ganz so problematisch gewesen, aber heute geht eben der ganze Verkehr über die Straßen, die drei Tage lang unter den Schneemassen verschwunden waren.

Minehead wäre nie zu einem Touristenzentrum geworden, wenn es die Zuganbindung nach Taunton nicht gegeben hätte, die seit 1874 existierte. Es war auch die Eisenbahn, die früher den Transport der Schüler übernahm, der erst 1970 auf die Straße verlegt wurde. Da auch die Touristen inzwischen mit dem eigenen Auto anreisten, gab das den endgültigen Ausschlag dafür, die Bahnlinie still zu legen. Es gab Überlegungen, die Linie als private Zuglinie weiterzuführen, aber die Busbetreiber versuchten aus der Angst vor finanziellen Verlusten alles um es zu verhindern und die privaten Investoren gerieten darüber hinaus an ihre finanziellen Grenzen - zumal als sich herausstellte, dass ein Ganzjahresbetrieb sich nicht nicht unbedingt lohnte. Ganz aufgegeben hat man die Pläne für einen ganzjährigen Betrieb aber noch nicht und dadurch, dass die Dampfzüge für Touristen so attraktiv geworden sind, konnten zumindest einige der finanzielle Probleme inzwischen gelöst werden.. Wer weiß, sollte es in 20 Jahren wieder einmal so ein Schneechaos geben wie in diesem Jahr während der UK Open, ist es vielleicht möglich Minehead mit der West Sumerset Railway zu erreichen.Noch eine nette Episode aus der Geschichte der WSR am Rande: am 2. März 1964 - also 54 Jahre vor dem Verkehrskollaps, der die UK Open in Frage stellte, war in Minehead am Bahnhof die Hölle los, sogar die Schüler hatten schulfrei bekommen. An diesem Tag reisten die Beatles an, die hier Aufnahmen für ihren ersten Film "A Hard Days Night" drehen wollten. Sie hatten sich dafür extra einen eigenen Zug gechartert. Die BBC war live dabei und berichtet später in den nationalen Nachrichten über das Ereignis.

Das Butlins Gelände war am Finaltag schon fast gespenstisch leer bis auf die PDC Leute, ein paar Gäste und Angehörige der Spieler, die Security und ein paar Leute vom Sponsor Coral. Na ja und mich natürlich, die ich als einzige unabhängige Medien Vertreterin bei diesem reichlich ungewöhnlichen Turnier dabei war..

Die Viertelfinale waren alles in allem eine eher einseitige Angelegenheit, keines der Spiele war wirklich umkämpft - noch nicht einmal das Spiel zwischen den beiden Top Spielern Gary Anderson und Rob Cross, das von Anderson dominiert wurde. Steve West hatte Dave Pallett nicht allzu viel entgegenzusetzen, John Part wirkte nicht wirklich fit und kam nicht an die Leistung der beiden vorhergehenden Tage heran. Er konnte mit Robert Owen nicht mithalten. Corey Cadby war zu stark für Gerwyn Price. So war die Nachmittags Session auch ziemlich schnell vorüber und alles bereitete sich auf die Abendsession vor. Der Pokal tauchte frisch geputzt von irgendwoher auf, es wurde geklärt, von wo man bei der "Siegerehrung" am besten fotografieren konnte - außer mir würde ja nur noch der PDC Photograph Bilder machen - es gab Pizza und natürlich wurde darüber geredet, wer wohl gewinnen würde. Eidams und Clemens hatten beim Frühstück noch darauf getippt, dass der Sieger derjenige sein würde, der das Spiel zwischen Anderson und Cross gewinnen würde..


Das erste Halbfinale begann nicht gerade verheißungsvoll, aber beide Spieler steigerten sich im Laufe des Spiels, in dem dann doch Gary Anderson das Kommando übernahm und sich mit einem 11:7 Sieg ins Finale spielte. Wenn man bedenkt, dass David Pallett noch nicht einmal eine Tour Card besitzt, war es aber schon eine großartige Leistung von ihm, sich bis in die Halbfinale zu spielen eine der erstaunlichen Geschichten dieses bemerkenswerten Turniers.


Zu Beginn des zweiten Halbfinales wirkt Robert Owen etwas eingeschüchtert, obwohl er von Cadby sehr herzlich begrüßt wurde. Vielleicht fing er so langsam an nachzudenken. Cadby hingegen hatte dieses Mal keinen langsamen Start ins Spiel wie bei einigen der Spiele zuvor, sondern war sofort da und wirkte hoch konzentriert. Innerhalb kurzer Zeit führte der junge Australier mit 5:0 ohne dass Owen auch nur einen Dart auf die Doppel bekommen hatte. Cadby machte genauso weiter, wie er vor der Pause aufgehört hatte, allerdings gelang es Owen, sich vor der nächsten Pause sein erstes Leg zu sichern. Nach der Pause holte sich Cadby das 10:1. Aber Owen gab noch nicht endgültig nach und konnte tatsächlich noch zwei weitere Legs gewinnen, was er gebührend feierte. Dann aber machte Cadby Schluss, wenn er auch vor seinem letzten Dart noch eine kleine Pause einlegte, weil plötzlich ein Handy klingelte. Cadby warf einen lächelnden Blick ins Publikum, fokussierte sich neu und traf nit seinem dritten Dart das Doppel zum Sieg. Anschließend warfen die beiden Spieler ganz wie bei Turnieren mit vielen Zuschauern noch bereitwillig ein paar Flights unter die rund 30 Menschen, die das Spiel verfolgt hatten.

Nach dem zweiten Halbfinale war die Bühne auf einmal voll, das Board wurde ausgetauscht, irgendwoher tauchte ein kleiner Tisch auf, der Herr von Dartconnect erklärte an Hand eines Bildschirms Ned Boulting und Chris Mason wie das mit dem Daten speichern funktioniert und wie die Daten eines ganzen Turniers abgerufen werden können, ein junger Mann mit Akkuschrauber stand bereit, falls der Tisch zusammenbrechen würde. Dann ging ITV wieder auf Sendung und Boulting und Mason erklärten nun ihrerseits fachmännisch den Zuschauern, was man mit den Daten von Dartconnect so alles anstellen kann.


Kurz darauf begann das Finale und Corey Cadby brachte Gary Anderson zu Beginn ziemlich ins Schwitzen. Cadby ist fast so etwas wie eine Naturgewalt, der man sich kaum entziehen kann, wenn er in Schwung ist. Und Cadby war jetzt so richtig im Turnier angekommen. In den fünf Legs vor der Pause lag sein Durchschnitt mit 106.46 deutlich über dem von Anderson, der 93.0 erreichte. Dazu hatte Cadby noch eine Trefferquote auf die Doppel von 80 Prozent.
Dann aber machte Gary Anderson Ernst und sorgte dafür, dass Cadby nicht mehr allzu viele Chancen bekam. Er wies dem jungen Spieler seine Grenzen auf, Cadby verzweifelte fast und versuchte etwas Tempo aus dem Spiel zu nehmen. In einem der letzten Legs hatte Anderson nach einer 180 anscheinend wieder Rückenprobleme. Zumindest versuchte er immer wieder seinen Rücken zu lockern und schien bei seinen Würfen immer wieder Schmerzen zu haben. Er legte auch noch einen Zahn zu, als wolle er das Spiel so rasch wie möglich über die Runden bringen und hatte kurz darauf seine ersten UK Open gewonnen. Cadby wirkte untröstlich und hatte sichtbar Mühe, die Tränen zurückzuhalten, während Anderson seinen Sieg feierte.

Letztendlich hatte dann doch einer der Top Spieler verdient das Turnier gewonnen. Die wahren Helden des ungewöhnlichen Turniers waren aber die Außenseiter wie Pallett, Owen oder Part.



Noch einmal ging es für mich zurück in den Presseraum, in dem schon eifrig abgebaut wurde. Sogar die Verlängerungskabel waren schon eingesammelt worden und ich hatte Mühe noch eine funktionsfähige Steckdose für meinen Computer zu finden. Draußen war inzwischen fast der gesamte Schnee verschwunden, es war frühlingshaft mild, das Butlins Resort war menschenleer, selbst auf dem Parkplatz standen kaum mehr Autos.
Ein erinnerungswürdiges Turnier war zu Ende und die Abreise der restlichen Spieler, Offiziellen und PDC Angestellten dürfte vollkommen problemlos verlaufen sein. Man konnte es sich kaum mehr vorstellen, was für ein Schneechaos Donnerstag, Freitag und Samstag hier geherrscht hatte...











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