Muswell Hillbillies 1

Am Sonntagmorgen zwang mich mein Wecker aufzustehen und in den Frühstücksraum zu gehen. Frühstück gab es ja nur bis kurz nach Neun und auf den allerletzten Drücker wollte ich nicht auftauchen.
Draußen sah es naß aus und reichlich duster und so blieb es dann auch den ganzen Tag. Dazu kam ein starker Wind, der es nahezu unmöglich machte, dass man einen Schirm aufspannte. Da ich aber nicht den ganzen Tag im Hotel Zimmer bleiben wollte - schlafen kann ich ja schließlich auch zuhause - überwand ich mich doch und begab mich auf Spurensuche.
Erst vor ein paar Tagen hatte ich in der Zeitung gelesen, dass eine CD namens "Muswell Hillbillies" aus den 70ziger Jahren wieder neu aufgelegt worden war. Besonders viel hatte ich mir zunächst nicht dabei gedacht, wenn ich auch weiterlas, dass es sich um eine wirklich sinnvolle und gute Neuauflage handelte.
Es dauerte eine Weile, bis das "Muswell Hill" in mein Bewusstsein vor drang. Die Gegend hier um den Alexandra Palace heißt ja Muswell Hill. Das Hotel, in dem ich so lange es existierte, wohnte, war das Muswell Hill Hotel. Außerdem stammte die CD von der englischen Gruppe "Kinks". Konnte es da wohl einen Zusammenhang geben?

Na klar, werden die von euch sagen, die sich in der Rockmusik besser auskennen als ich.Inzwischen sage ich natürlich auch na klar.
Der Begründer der Kinks, der Engländer Ray Davies ist nämlich auf dem Muswell Hill so rund fünf Minuten von meiner Unterkunft entfernt, 1944 geboren worden. Er war das siebte von acht Kinder, sein Bruder Dave, ebenfalls Mitglied der Kinks, kam drei Jahre später auf die Welt. Alle beide sind hier aufgewachsen und in die Schule gegangen und hatten in dem heute noch existierenden Clissold Arms Pub schräg gegenüber von ihrem Elternhaus ihre ersten Auftritte.
Damals Ende der 50ziger, Anfangs der 60ziger Jahre hat es hier oben noch ganz anders ausgesehen. Davies berichtete von seinen Eindrücken, als er damals mit seinen Eltern hier lebte. Überall hatte der Krieg mit seinen Luftangriffen seine Spuren hinterlassen. Der Muswell Hill oder zumindest der Bereich des Muswell Hill in dem Davies lebten, war eine Arbeitersiedlung, heute wohnen hier auch viele wohlhabende Leute, was man schon an der Ladenstruktur erkennen kann. Davies scheint im Übrigen immer noch hier zu wohnen - in einem Interview mit Spiegel Online schwärmte er, davon, wie schön es hier oben, oberhalb der Londoner Innenstadt doch sei und wie nahe man dem Himmel ist.

Hier war der erste Teil meiner Spurensuche notgedrungen zu Ende - ich musste ja wieder zu den Darts. Der Regen war vorübergehend in Nieselregen übergegangen und ich kam einigermaßen trocken im gut geheizten Pressezelt an. Im ersten Jahr dort war es extrem kalt gewesen - zumindest außerhalb des Veranstaltungsraums, und die Spieler wurden reihenweise krank. Die Offiziellen wahrscheinlich auch, aber davon hörte man nicht so viel.
Der Sonntag schien ebenfalls ausverkauft zu sein - es stand ja aber auch ein Spiel Raymond van Barnevelds an, der - wie allgemein bekannt - in England extrem beliebt ist. Das spannendste Spiel des Abends war gleich das erste Spiel zwischen John Henderson und Dave Chisnall. Chisnall verschlief die ersten beiden Sets des Spiels, um dann eine Aufholjagd zu starten, die dazu führte, dass das Spiel erst in achten Leg des letzten Sets entschieden werden konnte. Dort erwies sich dann doch wieder Henderson als der stärkere Spieler und er zog in die zweite Runde ein. Der restliche Abend war weniger spannend und ziemlich einseitig zu Gunsten der gesetzten Spieler, die alle drei mit guten bis sehr guten Leistungen ihre Spiele gewannen.

Der Nieselregen hielt immer noch an, als ich aus dem inzwischen still gewordenen Alexandra Palace kam. Nur wenige singende Fans warteten noch auf Bus oder Taxi. Aber wer hielt sich bei diesem Wetter auch gerne draußen auf.













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