Dart Wanderlust




"Als ich ein kleiner Junge war, " erinnert sich Joseph Conrad zu Beginn von Heart of Darkness, "hatte ich eine Leidenschaft für Landkarten. Ich habe mir stundenlang Süd Amerika oder Afrika oder Australien angeschaut und die Entdeckungen voll ausgekostet. Zu dieser Zeit gab es noch viele weiße Flecken auf der Erde und wenn ich auf einer Landkarten einen besonders einladenden sah (eigentlich haben sie alle so ausgeschaut) habe ich meinen Finger darauf gelegt und gesagt "Wenn ich groß bin, werde ich dorthin gehen."

Genauso war ich als kleiner Junge auch. Ich denke, der Old Dart Coach, Howie Reed, war genauso. Ich weiß nicht, was seine Wanderlust anfachte, aber ich erinnere mich genauso an den Augenblick, in dem mir aufging, dass ich weit herum kommen würde.

Meine Eltern und ein paar Freunde (sie nannten sich den Drink, Dance, Crink Club) waren aus feiern, was sie zu dieser Zeit oft machten. Sie waren ein eigenes kleines Rudel.

Chubby Checker war gerade auf der Bildfläche erschienen, ich erinnere mich, wie meine Mutter und mein Vater in unserem Wohnzimmer barfuss den Twist mit Handtüchern übten, so als ob sie ihren Rücken nach dem Schwimmen abtrocknen würden, sie machten auch pantomimisch nach, wie sie Zigarettenkippen mit ihren Fußspitzen und ihren Hacken ausdrückten. Dabei zuzuschauen war lustig. Aber es ist traurig, wenn man sich daran erinnert. Das waren die guten alten Zieten, lange bevor meine Eltern starben.

Am nächsten Morgen fanden sich auf dem Küchentisch für mich und meine Geschwister kleine Geschenke - kleine Schirmchen aus den Getränken meiner Eltern. Ich weis nicht, was mein Bruder mit seinen machte. Wahrscheinlich heftete er sie an einen Frosch oder eine Schlange und zündete sie an. Meine Schwester hat ihre sicher aufgehoben und hat sie wahrscheinlich immer noch. Mädchen sind so. Ich nicht. Ich machte mit meinem kleinen Schirm das, was ich später mit einem Golf Ball machte(nachdem ich die Gummibänder auf der Innenseite abgepflückt hatte und in den Gummiteilen herumgestochert hatte spritzte mir irgendetwas Grässliches in die Augen),, einem kleinen Tonband, einem Kassettenrekorder und erst kürzlich mit meinem Blackberry machte. Ich nahm ihn auseinander...

Als ich den Griff untersuchte fand ich heraus, dass es sich dabei nicht um kleines Stück Holz oder einen Zahnstocher handelte, wie es auf den ersten Blick schien. Nein, es war rätselhaft. Es war ein kleines, eng zusammengerolltes Stück Papier. Ich nahm es in Angriff, bekam ein Eckchen zu fassen und zog ganz vorsichtig daran. Während ich den Griff auseinander rollte, ganz vorsichtig, damit er nicht zerriss, zeigte sich außerirdische Schrift, so etwas Ähnliches wie Hieroglyphen.

Eine Botschaft!! Ich hatte etwas entdeckt!!! Ich lief zu meiner Mutter.

"Es wurde in China hergestellt", sagte sie.

Das war der Augenblick, in dem ich wusste, wie einst Joseph Conrad, "Wenn ich erwachsen bin werde ich dorthin reisen."

Ich sammelte Briefmarken. Ich erinnere mich daran, dass die aus Sri Lanka und Monako leuchtend und bunt waren - und dreieckig. Ich forderte Reise Broschüren an. Ich konnte mir in meiner Klasse am besten die Hauptstädte der Länder merken. Ich bin immer noch ziemlich gut darin, wenn diese Kategorie bei Jeopardy gefragt ist. Ich las alles über die alten Entdecker, die Mayas und die Inkas, Geschichten von Piraten, alten Grab Räubern und Kannibalen. Ich besitze immer noch meine alte Ausgabe von "Heart of Darkness".

Langsam begann ich meinen Kindheitstraum zu verwirklichen. Ich begann die Welt zu bereisen.

The Old Dart Coach ist auch gereist. Ich weiß, dass er in Bangkok war, wo ich auch gerade bin, während ich das schreibe. Er war erst vor ein paar Wochen hier und sprang als Ersatz in ein paar Liga Teams ein, wir ich das die letzten Abende auch gemacht habe. Man hat mir erzählt, dass er einiges abbekommen hat. Das habe ich auch...

Ich frage mich, ob er im Mandarin Priental Hotel war. Ich frage mich, ob er nachgeschaut hat, ob es an der Wand der Autors Lounge im alten Flügel oder in der Bamboo Bar im Hauptflügel ein Dartboard gibt. Ich weiß es nicht...

Aber ich habe es getan und während ich nun schreibe kann ich euch versichern - wie spektakulär es auch gewesen wäre sich beim Spielen in den Fußstapfen der Geschichte zu bewegen - dass in keiner dieser geschichtsträchtigsten Bars der Welt irgendwo ein Dartboard zu finden ist zwischen all dem modischen weißen Rattan in der Authors Lounge genauso wenig wie in der Teak Einrichtung der Bamboo Bar. Was für eine Schande!

Trotzdem ist das Oriental ein Ort zum staunen. Das Hotel, das unter hohen und schattigen Bäumen am Ufer des mäandernden Chao Phraya Flusses liegt, gilt seit Jahren als eines der Top Hotels der Welt (von 1981 bis 1990 war es die Nummer 1). Es wurde 1876 eröffnet und zu seinen Gästen zählten unter anderem Neil Armstrong, Lauren Bacall, George Bush, Jacques Chirac, Sean Connery, Mick Jagger, Henry Kissinger, Helmut Kohl, David Beckham, Sophia Loren, Richard Nixon, Königin Sofia von Spanien, Prinzessin Diana und Prinz Charles, Omar Sharif, Elizabeth Taylor und Michael Jackson.

Der passenderweise "Schriftsteller-Flügel" genannte Teil des Hotels bietet Suiten, die nach berühmten Schriftstellern wie Somerset-Maugham, Graham Green, Noel Coward, James Mitchner und natürlich auch Joseph Conrad benannt sind. Das ist die Suite, in der ich sitze. Der Grund dafür dürfte offensichtlich sein. Ich würde annehmen, dass The Old Dart Coach als weltberühmter Box-Journalist, der er ja lange Jahre war, die Ernest Hemminway Suite wählen würde, aber es gibt keine.

Das Herz der Dartszene bliebt das Sukhumvit im Soi 22 - 24 Gebiet der Innenstadt, besonders um die Queen's Park Plaza und den Washington Square. Aber die Zeiten ändern sich. Die Mieten steigen, die Sanierung dringt immer weiter vor (sie wird bald die Gegend um den Washington Square in das höchste aufragende Hochhaus-Viertel von Bangkok verwandeln) und die gemütlichen traditionellen Dart Bars schließen oder ziehen um.

Aber es gibt nicht nur schlechte Nachrichten, beileibe nicht. Dafür könnt Ihr Euch bei Vichai Govindani bedanken.

Godvindani, Freund der Legenden, Frauenliebhaber und mit ebensoviel Geschmeide behängt wie Bobby George, ist seit den 1970er Jahren die beherrschende Figur in der thailändischen Dartszene. Kürzlich hat er ein tolles neues Etablisment namens "Singha Darts Club" in der Asok Road eröffnet. Momentan (und sicherlich noch für lange Zeit) ist es die Top Bar der Stadt um Dart zu spielen. Es ist ein verdammt toller Laden. Und ich sage das nicht nur deshalb, weil ich am Dienstagabend dort nur um Haaresbreite das Bullseye für mein 164er Finish verfehlte.

Ein paar Jahre lang waren Godvindani und sein Team - die besten Dartspieler des Landes und einige der besten der Region - und die Expats wie Johnny Witkowsky und Keiran Brown (der Anerkennung verdient, weil er für neues Blut im Sport sorgte, auch für ausländisches neues Blut) zerstritten. Ähnliche wie bei den japanischen Karaoke Bars, die oft Thailänder oder jeden, der kein Japaner ist, nicht zulassen, waren die thailändischen Spieler beziehungsweise die, die keine Thailänder waren, in den jeweiligen Pubs nicht willkommen.

Das ändert sich jetzt langsam. Und wie vieles anderes auch ist es ein Verdienst Godvindanis. Er wird immer abgeklärter. Das war nicht immer so. Vor vielen Jahren hat ihm the Old Dart Coach selbst im Pattaya Open einen Kinnhaken versetzt, der Godvindani von der Bühne fliegen liess.

Wie Howie meinte, war er damals jünger. Aber sogar das verändert sich.

Was aber sowohl Howie als auch mir bleibt, ist unsere Leidenschaft für den Dartsport, eine ungezügelte Wanderlust und jede Menge Energie, um die weite Welt des Dart mit Euch zu teilen. Also bleibt dran. Wir gehen nicht nirgends hin sondern tauchen überall auf.

Und im Augenblick eben gerade hier.

Vor Ort

Dartoid






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