Könnte es Brendan Dolans Schuld sein?

Ich glaube nicht an Schicksal. Ich kann es nicht akzeptieren, dass es durch eine höhere Macht vorherbestimmt war, dass ich beim Dart spielen total versage.
Woran ich aber glaube, oder zumindest glaube möchte, ist der "Schmetterlings-Effekt".
Deshalb glaube ich daran oder würde zumindest gern daran glauben, dass Brendan Dolan daran schuld ist, das ich beim Dartspielen ein totaler Versager bin.
Es hätte ganz anders sein können...

"MIT Meteorologen Edward Lorenz konnte zusehen, wie sein Werk zum Schlagwort wurde. Lorenz, der im April verstarb, entwickelte eine der verführerischsten und sinnträchtigsten Idee, die je aus einem Labor in die populäre Kultur hinüber sprang: den "Schmetterlings-Effekt", die Vorstellung davon, dass kleine Ereignisse große, weit verbreitete Konsequenzen haben können. Der Name rührt daher, dass Lorenz anregte, ein enormer Sturm könnte seine Wurzeln in einem weit entfernten Flügelschlag eines Schmetterlings haben".

Wenn man das Ganze auf die Massenkultur überträgt, wurde dort der Schmetterlings-Effekt eine Metapher für die Existenz unwesentlich erscheinender Augenblicke, die die Geschichte verändern und Schicksale gestalten. Typischerweise bleiben sie zuerst unerkannt, schaffen aber Verkettungen von Ursache und Wirkung, die im Rückblick offensichtlich erscheinen, die den Kurs des menschlichen Lebens verändern oder die Weltwirschaft in Schwingungen versetzen."
Und damit komme ich zum meinem Aufeinandertreffen mit Brendan Dolan während der ersten Las Vegas Desert Classic der PDC 2002.
Ich hatte mir jede Menge vorsichtiger Gedanken über mögliche Zielsetzungen bei diesem Turnier gemacht. Am Ende war nur noch ein einziges übrig: Ich wollte eine Nacht in Phil Taylors Wohnmobil verbringen.
Nein, das war nur ein Witz.
Mein Ziel wäre sogar erreichbar gewesen - es war nämlich ein Leg, ein einziges Spiel gegen jemanden, irgendjemanden mit britischem Akzent zu gewinnen. Mein Ziel war es ganz kurzfristig besser zu sein, als einer der besten.
Wenn ich das Warm-up dazu rechne, traf ich auf insgesamt drei Kerle mit fremdem Akzent.
Ich wärmte mich mit dem Rechtsanwalt Kevin Liebkemann aus New Orleans auf. Er spricht auf jeden Fall mit einem fremden Akzent (das ist noch schlimmer geworden, seitdem er nach New Jersey gezogen ist). Er ist allerdings nicht britisch.
Dann wurde ich vom aus Nord-Boston stammenden ausgezeichneten Schützen Tom Curtis mit 0:3 platt gemacht. Wie die meisten Einwohner Bostons spricht auch Curtis mit einem Akzent. Der ist aber auch nicht britisch. Wäre ich an ihm vorbeigekommen, (und das wäre möglich gewesen, hätte Tommy Cox nicht hinter der Tripel 1 einen Magnet angebracht), hätte ich als nächstes gegen Cliff Lazarenko gespielt. Wenn ich den auch geschlagen hätte, hätte ich Aug in Aug mit Jamie Harvey oder Lionel Sams oder Keith Deller am Oche gestanden. Wenn ich dann immer noch weiter gekommen wäre, wäre ich ein herausragender Dart Profi gewesen und hätte auf der Bühne gegen Phil Taylor geendet, der mich abgeschlachtet hätte, weil ich einen weiteren Wohnmobil Witz erzählt habe.

In der zweiten Runde erreichte ich mein Ziel. Mein Gegner war ein Unbekannter namens Brendan Dolan.

Ich beanspruchte die Tripel 20 stark und gewann rasch mit dem Wurf. Das zweite Leg sicherte ich mir gegen Dolans Wurf. Trotz meines starken Beginns kam Dolan im dritten Leg zurück. Und ich brach ein wie der Schlappschwanz der ich eben bin, so dass er die nächsten beiden Legs ohne Probleme gewann und sich das Match 3:2 holte.
Es stellte sich heraus, dass Dolan aus Nord Irland kommt, nicht aus England. Aber er klang Britisch. Oder vielleicht australisch. Möglicherweise auch südafrikanisch. Scheiß drauf. Für mich war das gut genug. Ich hatte mein Ziel erreicht.

Aber weißt du, ich hätte das Spiel gewinnen müssen. Bis vor kurzem hatte ich den Augenblick ganz vergessen.

Was mich zum Schmetterlings-Effekt bringt.

Seit diesem schicksalhaften Tag in Las Vegas hat Brendan "Armageddon" Dolan rund 300 000 Dollar Preisgeld verdient. Er steht auf Platz 22 der Welt. Er erreichte das World Grand Prix Finale 2011, wo er 6:3 gegen Phil Taylor verlor. Und in seinem Halbfinale gegen James Wade warf Dolan den ersten im Fernsehen übertragenen Neun-Darter bei einem Double In Turnier (160, 180, T20, T17. Bull)

Bei der European Championship 2012 (die von Simon Whitlock gewonnen wurde) schickte Dolan den mehrfachen Champion des Turniers, Phil Taylor, im Viertelfinale zum Kofferpacken und hätte eigentlich auch Wes Newtons Run in den Halbfinalen beenden sollen, er führte schon mit 9:6. Aber Dolan gelang der Einzug ins Finale nicht, weil Newton fünf Legs in Folge zum 11:9 Sieg gewann.

Und vor ein paar Wochen, beim World Grand Prix 2012 kämpfte sich Dolan durch das Rudel bis ins Halbfinale, wo er gegen Mervyn King zu Boden ging, der von Michael van Gerwen im Finale geschlagen wurde.

Also fing ich an nach zu denken.

Hätte ich gegen Dolan im dritten Leg vor 10 Jahren meinen Wurf halten können - hätten dann seine und meine Dart Karriere einen anderen Verlauf genommen?
Hätte der Schmetterling seine Flügel zu meinen Gunsten bewegt, wäre dann heute ich unter den Top Spielern der Welt und würde in der Knete schwimmen?

War das, was damals in Las Vegas geschah, dieses kleine Ereignis, das unbedeutende Match, das so oder so hätte ausgehen können, vielleicht der Flügelschlag eines Schmetterlings, der Dolan zur Größe führte und mich dazu verdonnerte schwachsinnige Geschichten zu schreiben?

Nein, das ist Mist.

Ich versage einfach so.

Vor Ort,

Dartoid







Kontakt © Global Darts. All Rights Reserved. Impressum