Luftwiderstand?? Oh je...

Wenn ich das naive Prinzip beherzige, dass Ehrlichkeit die beste Vorgehensweise ist, muss ich dieses Mal vorausschicken, dass mathematisch desinteressierte Leser den folgenden Blog als harte Arbeit empfinden werden. Nicht nur deshalb freilich, weil er ein gewagter Abstieg in den langweiligen Sumpf aerodynamischer Erklärungen und Berechnungen darstellt, sondern auch deshalb, weil er sich mit dem Fluch unserer Schultage auseinandersetzt, dem Sinus und dem Kosinus. Natürlich entschuldige ich mich dafür. Aber ich gehe jetzt einfach davon aus, dass Du Dich nicht abschrecken lässt und zu You Tube wechselst, um zu sehen, was es dort Neues und Aufregendes gibt oder dass Du alles überspringst und erst beim drittletzten Absatz wieder einsteigst.

Also fangen wir an:
In meinem letzten Blog habe ich darauf hingewiesen, dass der Luftwiederstand aerodynamisch gesehen bei den Darts ein "Schwächling" ist, ein unwesentlicher Faktor, der nur irgendwo in der Ecke kauert während sein mehr extrovertierter Rivale, der Auftrieb angeberisch herumstolziert und ihm Sand in die Augen wirft.
Aber wenn es jetzt auch den Anschein hat, dass die beiden ungleichen Rivalen auch Deine Darts unterschiedlich beeinflussen ist es nicht so, dass Luftwiderstand und Auftrieb überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Tatsächlich ist es so, dass für einen in einem Gierungswinkel fliegenden Dart Auftrieb nicht nur ein Tyrann sein kann, sondern auch das angeborene Macho-Gehabe des Darts kompensieren kann. Das liegt zum Teil an der Trigonometrie, zum größeren Teil aber auch an der bedauerlichen ungenauen wissenschaftlichen Exaktheit meiner Terminologie.

Luftwiderstand und Auftrieb verlaufen beide senkrecht zueinander, der eine exakt in der Fluglinie, der andere im rechten Winkel dazu. Daher kann, wenn man es ganz genau nimmt, keiner zum anderen etwas beitragen, aber sie können in ein anderes Paar ebenfalls rechtwinklig zu einander verlaufender Kräfte umgewandelt werden. Bei symmetrischen Flugkörpern nennt man dieses axiale und normale Kraft, wobei die eine eben entlang der Barrel-Achse und die andere senkrecht dazu (mathematisch ausgedrückt "normal" dazu) verläuft. Bei sehr schwacher Gierung liegt die axiale Kraft dicht beim Luftwiderstand und die normale Kraft dicht beim Auftrieb. Wird die Gierung größer, ist das erste Paar schneller vor dem Scheidungsrichter als das zweite Paar.

Bei einem durchschnittlichen Dartwurf von rund 6 m/s liegt die axiale Kraft (also der Luftwiderstand), wenn es keine Gierung gibt, bei rund 0,15gms (das sind für die wissenschaftlich Bewanderten 0,0015 Newton). Wenn es keine Gierung gibt würdet ein perfekt gerade geworfener Dart keine normale Kraft oder keinen Auftrieb haben. Bei einem Gierungswinkel von 15 Grad und mit Flights in Standard-Größe lege die normale Kraft bei rund 1gm und damit sieben Mal höher als der Luftwiderstand wenn es keine Gierung gibt.
Wenn die Gierung so gering ist, wird sich an der axialen Kraft kaum etwas ändern, auch der Auftrieb wird nur minimal höher liegen (etwa 7%) als die normale Kraft. Der Luftwiderstand freilich wird auf unglaubliche 0,4 gms steigen, drei Mal soviel wie bei der Null Gierung. Der Auftrieb reicht dann schon bis zur Taille und nicht nur bis zum Knie.

Auch wenn diese Steigerung nicht durch den Auftrieb, sondern durch eine Komponente der normalen Kraft bewirkt wird, ist, wie wir ja jetzt wissen, der Unterschied rein rechnerisch vernachlässigbar. Der zusätzliche Luftwiderstand wird so auch etwas nachlässig als "Auftriebsbedingt" bezeichnet, vielleicht deshalb, weil sich das greifbarer (und nicht so umständlich) wie "bedingt durch die Normalkraft" anhört.
Also besteht der Luftwiderstand eines fliegenden Darts aus zwei Komponenten, dem nicht vorhandenen Gierungswiderstand und dem Gierungswiderstand, der überwiegend durch den Auftrieb entsteht. Wenn der Gierungswinkel klein ist, sind der Auftrieb und die Komponente des Luftwiderstand, die in Richtung der normalen Kraft wirkt ungefähr proportional zur Gierung (eine Vorrausetzung, die als Linearisation bezeichnet wird), was bedeutet, dass der Gierungswiderstand sich verändert, wenn die Gierung quadriert wird.

Wenn man dieses Prinzip anwendet, so eine Art Rechenspiel ( man integriert Sinus im Quadrat, falls Du es wirklich so genau wissen möchtest), kann gezeigt werden, dass, wenn man die Gierungsdämpfung vernachlässigt, ein Dart mit einer vernünftigen Gierung von höchstens 30 Grad durchschnittlich während einer Gierungskurve den gleichen Widerstand hat, wie ein Dart, der ständig 15 Grad hat. Bei unserem Beispiel von oben würde das bedeuten, dass er ungefähr den dreifachen Luftwiderstand hat wie bei Null Gierung und dass er durch seinen etwas längerer Flug wegen der Schwerkraft 2 - 3 mm niedriger aufs Board trifft.

Die Auswirkung ist immer noch deutlich geringer als die mögliche Ablenkung durch den Auftrieb, sie ist aber, anders als bei der ganz geraden Richtung der Null Gierung, genauso abhängig von irgendwelchen Launen der Gierungs-Bewegung und kann die Treffsicherheit minimal negativ beeinflussen.
Also spielt doch mindestens eine Komponente des Luftwiderstands beim Dartwurf eine Rolle, wenn diese Komponente eigentlich auch nur "verkleideter" Auftrieb ist. Sie ist der Grund dafür, dass sich Darts mit sehr großen Flights "widerspenstig" aufführen und deshalb bringt auch jeder Versuch, den Luftwiderstand zu verringern, überhaupt nichts.

Puh!! Endlich sind wir bei unserem hoffentlich wenigstens etwas interessanten Ergebnis angelangt. Bitte mehmt meine klägliche Entschuldigung, dafür , dass ich Euch gelangweilt habe, an. Ich denke, dass es durchaus klar geworden ist, warum dieser Blog so einen Titel hat.

Und das wärs für heute! Ich hoffe, Ihr könnt meinen nächsten aufregenden Artikel kaum erwarten.







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