Das Einhorn mit Namen "Genauigkeit"

Trotz meiner unglücklichen Neigung meine Erläuterungen zum Flug der Darts durch den Flug von Nebensächlichkeiten zu unterbrechen, ist mir schon klar, dass der wahrscheinlichste Grund dafür, meine Blogs zu verfolgen, ist, dass die Leser einfach bessere Dartspieler werden wollen. Sie hoffen vielleicht sogar - natürlich mit angemessener Skepsis - dass die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse ihnen auf der Jagd nach dem mythischen Tier des Dartsports - dem zielgenaueren Pfeil - helfen könnte.

Also kehren wir zu dieser Jagd zurück. Ist dieses Tier nicht nur Legende sondern auch Mythos? Kann ein Pfeil wirklich zielsicherer sein? Ein Dart ist ja schließlich kein gesteuerter Flugkörper. Er weiß ja nicht, wo er treffen soll. Auch wenn er von einem Raketen - Wissenschaftler entworfen ist, wenn er aufs falsche Ziel geworfen wird, ist er schon eher Mythos bzw. Fehlwurf. Das hört sich doch vernünftig an oder???

Na, die Antwort lautet "Ja und Nein". Auch wenn die allerausgeklügelste Aerodynamik nicht verhindern kann, dass ein Dart, der in die falsche Richtung geworfen, wird in die richtige Richtung fliegt, so kann doch mangelnde Aerodynamik einen in die richtige Richtung geworfenen Dart fehlleiten. Was nun genau "ausgeklügelte" Aerodynamik ist, habe ich bereits im "Abenteuer des Dreiviertels" erklärt.

Ich verweise also jeden, der Sherlock Holmes auf der Jagd nach dem Einhorn namens "Genauigkeit" (ist das nicht schön ausgedrückt?)darin nacheifert, durch den Sumpf wissenschaftlicher Ausdrucksweise zu waten, auf diesen Blog.
Aber es scheint so, als wäre es zum Wohle aller Watsons doch hilfreich, wenn ich noch einmal auf das Thema eingehe und dabei die Unbilden der Wissenschaft durch Verständlichkeit ersetze. Erzählt besser meinen alten Uni Matheprofessoren (die wahrscheinlich längst nicht mehr ihre Fakultäten innehaben) nichts davon.

Okay, also fangen wir mit dem an, was geschieht, wenn Du einen Dart wirfst. Du brauchst dabei Kraft und ein Drehmoment. Die Kraft beschleunigt Deinen Dart, so dass er Deine Hand mit einer bestimmten Geschwindigkeit und in einer bestimmten Richtung verlässt. Danach ist es überwiegend die Schwerkraft, die das Gleichgewicht der Flugbahn (Schwerpunkt) bestimmt vermischt mit aerodynamischen Kräften wie Auftrieb und Fliehkraft.
Wichtiger von den beiden ist meistens der Auftrieb und der wird, ganz anders als die Schwerkraft(die für Nicht Astronauten immer mehr oder weniger die Gleiche ist), je nachdem wie gerade der Dart fliegt und je nach Design sehr unterschiedlich sein - zum Beispiel wird eine 40 Gramm schwerer Dart rund halb soviel Aufrieb haben, wie ein 20 Gramm schwerer Dart des selben Designs.
Während des Flugs ist das Schwanken und Drehen des Darts um seinen Schwerpunkt, dass während des Abwurfs von der Drehkraft verhindert wurde, auch wieder abhängig von der Aerodynamik und auch in diesem Fall wieder überwiegend vom Auftrieb, der sich auf die Flights auswirkt, auch wenn dieses Mal sowohl die Länge als auch das Gewicht des Darts mit hinein spielt.
Für die meisten ist es sehr viel leichter beim Wurf die Kraft zu kontrollieren als das Drehmoment. Um das zu beweisen werft einmal einen Nagel auf ein Dartboard (hier hat die Aerodynamik kaum Auswirkung). Es ist nicht schwierig, so zu werfen, dass man die richtige Kraftstärke erwischt um ungefähr dort zu treffen, wo man treffen möchte, aber es sehr schwierig die richtige Drehkraft zu erwischen, damit er mit der Spitze zuerst trifft und gerade fliegt ( man kann das aber schaffen - schaut unter Joe Hitchcock auf YouTube nach).

Wir gehen einmal davon aus, dass es Dir gelingt den Dart perfekt zu beschleunigen, dass Du ihm aber ein bisschen nicht gewolltes Drehmoment mit auf den Weg gibst, und der Dart schwankt daraufhin im Flug. Der Schwerpunkt ist fröhlich unterwegs Richtung Tripel 20, aber der Dart trifft das Board in einem Winkel, der die Spitze in der Doppel 1 stecken lässt. So ein Pech!!!.

Das ist doch kein Problem, sagst Du. Ich tune meine Schäfte und Flights so, dass die Darts gerade auf das Board treffen. Dann ist es doch egal, in welchem Winkel meine Darts fliegen, das wirkt sich doch gar nicht auf mein Scoring aus.

Hübscher Gedanke. Und eine Idee an der alle ernsthaften Dartspieler egal ob Profi oder Amateur, festhalten. Aber die Sache hat einen Haken. Nämlich diesen Winkel, den der Dart im Flug durch den Auftrieb erhält. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dadurch der Schwerpunkt - und damit, weil er gerade ausgerichtet ist, auch die Spitze - vom Kurs abkommt. Nicht allzu viel, nur ein paar Millimeter, nichts, was einem sofort ins Auge fällt, aber es reicht aus, um das Ziel zu verfehlen.

Aber stellt Euch mal vor, irgend so einem verrückter Aerodynamiker ist ein Trick eingefallen. Er hat einen Dart entwickelt, der nur dann das Board richtig trifft, wenn er erst in die eine Richtung schwankt und dann so in die anderer Richtung, dass das wieder ausgeglichen wird. Und wenn der Auftrieb nicht ausgeglichen wird, bewirkt das Design, dass der Winkel, in dem das Board getroffen wird, genau entgegengesetzt zum Auftrieb ist und dadurch ausgleicht.
Wenn man das machen könnte, wird der Dart immer dort im Board landen, wohin sein Schwerpunkt in dem Moment hin ausgerichtet war, als er die Hand des Spielers verlassen hat, egal ob er gerade auf das Board trifft oder nicht, egal wie es um den Auftrieb bestellt ist. Das würde bedeuten, dass der Spieler nur mit seiner Wurfkraft genau sein muss, seine Drehkraft aber vernachlässigen kann.

Und dann hätte man, das werdet Ihr wohl einer Meinung mit mir sein, tatsächlich einen präziseren Dart.

Die ganz entscheidende Frage ist natürlich: Ist das machbar? Wie all diesen emsigen Sherlock Holmsen klar ist, ist auch die Antwort darauf : "Ja und Nein". Wenn das auftriebsbedingte Schwanken des Darts im Flug zu groß ist, kann man das nicht ausgleichen und der Spieler ist mit einem konventionellen, stimmigen Dart Set Up besser dran, das das Board gerade trifft (vielleicht den Sigma Ones). Wenn das Schwanken aber nur relativ gering ist - was normalerweise bei Spielern mit hohem Standard der Fall ist - könnte man das mit dem Dart wirklich ausgleichen.
Dummer Weise ist es aber selbst für einen professionellen Spieler nahezu unmöglich durch Versuch und Irrtum herauszufinden, ob Darts, die in geringfügig verschiedenem Winkel im Board landen, nun den Auftrieb kompensieren oder nicht - rein statistisch gesehen muss man davon ausgehen, dass es nicht der Fall ist. Anders ist es freilich, wenn es wissenschaftlich untersucht wird oder wenn die Darts auf Grund von wissenschaftlichen Erkenntnissen von einer Art Dart Boffin hergestellt werden - wie das bei den Sigma Pros der Fall ist.

Somit ist bewiesen, dass das Einhorn namens "Genauigkeit" eben doch kein mystisches Tier ist...





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