Interview mit Colin Lloyd

Colin Lloyd ist sicher einer der bekanntesten Spieler auf dem PDC Circuit und als einer der Top 16 Spieler bei allen Major Turnieren dabei, auch wenn er insgesamt im Ranking abgerutscht ist.
Lloyd ist seit 1999 bei der PDC und hat in dieser Zeit an vielen Major Turnieren, auch der Premier League, teilgenommen und zwei Major Turnier gewonnen. 2004 gewann er den World Grand Prix in Dublin, 2005 das World Matchplay in Blackpool. Bei seinen Weltmeisterschafts-Teilnahmen war er nicht sehr erfolgreich, lediglich 2002 schaffte er es bis ins Halbfinale, wo er dann gegen Peter Manley verlor. Bei den Pro Tour Events hat er sich oft bis in die letzten Runden gespielt und mehr als einmal gegen Phil Taylor im Finale verloren. Zwischen 2005 und 2007 war er bis auf eine kurze Unterbrechung die Nummer 1 der Welt, heute liegt er auf Rang 13 des PDC Order of Merit.
Colin ist im allgemeinen ein freundlicher und umgänglicher Mensch, der auch seine gute Laune nicht so rasch verliert. Bei der Weltmeisterschaft 2011 kassierte er allerdings eine Geldstrafe, weil er aus Frust darüber, wie seine Darts flogen, in seinem Spiel gegen Andree Welge auf das Dartboard schlug.
Was man, wenn man ihn nur vom Fernsehen her kennt, nicht so wissen wird ist, dass Colin sich gerne mit Leuten unterhält. Und er ist dazu auch noch ein sehr guter Gesprächspartner, mit dem es einem nicht langweilig wird. Er hat eine lebendige Ausdrucksweise und ich fühlte mich fast so, als würde ich neben dem übernächtigen Colin Loyd am Küchentisch sitzen oder wäre eine seiner Bekannten, die bei ihm und seiner Freundin zu einen gemütlichen Abend eingeladen ist.







Colin, Du bist schon seit vielen Jahren ein bekannter PDC Spieler - wann hast Du mit dem Dart spielen angefangen und hast Du jemals BDO gespielt?

Ich war elf Jahre alt als ich angefangen habe, aber ich habe nie wirklich BDO gespielt. Ich habe lokal und später County gespielt, das ist natürlich schon BDO, aber nicht wirklich in der BDO.

Hast Du damals irgendwelche Vorbilder gehabt?

Nein - also niemanden, der ein echtes Vorbild gewesen wäre, jemanden, den ich auf ein Podest gehoben hätte. Natürlich waren mir all die Legenden bekannt und ich wusste alles über sie - ich wollte sie eigentlich immer nur irgendwann schlagen!

Ist Dir die Entscheidung Dartspieler zu werden leicht gefallen?

Nun - ich denke, man muss einfach herausfinden, was man wirklich will. Ich erinnere mich daran, dass es in der Schule nur ein oder zwei Lehrer gab, die mich unterstützt haben - Lehrer scheinen da oft andere Vorstellungen zu haben, als ihre Schüler. Aber man muss akzeptieren was die Person selbst möchte oder werden möchte. Ich bin jetzt das, was ich werden wollte und mir macht das Spaß. Ich bin wie ich bin und mache mein Ding.

Bei Dir hat man immer den Eindruck, dass Du ein freundlicher, entgegenkommender Mensch bist - fühlst Du manchmal Mitleid mit einem Gegner? Oder sind alle persönlichen Gefühle weg, wenn Du am Oche stehst?

Weißt Du, ich denke oft, dass das mit dem Handschlag und dem "Ich wünsch Dir alles Gute" zum Gegner fast eine Art von Heuchelei ist. Das kann man schon in den Augen der Gegner sehen - manchmal schlägt Einem da richtiger Hass entgegen. Wenn das geschieht bin ich gar nicht mehr freundlich, dann werde ich gemein. Das kann man an meinem Grinsen sehen. Wenn ich auf der Bühne dieses Grinsen aufsetze - dann bin ich richtig gefährlich. Heuchelei ist etwas, was ich gar nicht vertrage. Da passiert es schon, dass ich denke "Du kannst mich mal, Dir wird ichs zeigen".

Im Lauf der Jahre sind viele starke BDO Spieler zur PDC gewechselt - würdest Du sagen der Wettkampf wird immer härter?

Das beunruhigt mich eigentlich nicht weiter. Ich glaube schon, dass die Ursache dafür das Geld ist, aber ich mache einfach weiter wie bisher. Ich mische mich nicht in die Politik. Ich habe mit den BDO Spielern gar keine Probleme. Die meisten kenne ich sowieso. Ich spiele oft Exhibitions mit ihnen, zum Beispiel auch mit Martin Adams für Rileys. Ich habe ihm das auch gesagt, dass ich mich in die Politik nicht einmische.

Was denkst Du braucht ein Spieler um wirklich erfolgreich sein zu können?

Ich glaube, dass am wichtigsten harte Arbeit ist. Jede Menge Training, du musst Dich wirklich mit dem Kopf und dem Herz hinein hängen und natürlich brauchst Du auch Mumm.

Spielst Du gerne auf der Bühne und gibt es für Dich einen Unterschied zwischen Bühne und Floor?

Ich seh da keinen großen Unterschied. Ich liebe es einfach nur Dart zu spielen - ob dass jetzt auf der Bühne oder Floorspiele macht für mich keinen Unterschied.

Lenken Dich die Zuschauer ab? Oder sind sie mehr Unterstützung?

Ich liebe die Zuschauer, obwohl ich auch meinen Anteil an den Buhs abbekomme.

Gibt es irgendetwas an dem Leben als "Star" dass Du nicht so magst?

Was ich wirklich überhaupt nicht ausstehen kann, sind diese Reporter, die nach einer Niederlage auf Dich zugestürzt kommen. Sie tauchen einfach so auf, halten Dir das Mikrophon hin, die Kamera zeigt das Gesicht in Großaufnahme und dann stellen sie Fragen, die Du gar nicht beantworten kannst. Warum lassen sie Dir nicht ein paar Minuten Zeit, Dich zu erholen. Keiner verliert gerne. Also ich brauch da schon etwas Zeit, um mich zu erholen.

Glaubst Du Team-Sportarten sind für den Einzelnen einfacher als so eine Individual- Sportart?

Ich glaube nicht, dass es dort einfacher wäre. Natürlich wäre da das Team, das Dich unterstützt aber of der anderen Seite gibt es ja immer Intrigen oder Eifersüchteleien. Hier lastet alles auf meinen eigenen Schultern, aber dafür habe ich auch alles selbst in der Hand.

Ich habe oft beobachtet, wie Du im Finale eines Pro Tour Events gegen Phil Taylor gespielt hast und obwohl Du vorher alle Deine Gegner dominiert hattest, hat es so ausgesehen, als würdest Du gegen Taylor versagen. Ist er so eine Art Angst-Gegner für Dich?

Da hast Du leider schon Recht - ich habe wirklich oft gegen ihn gespielt und manchmal habe ich ihn sogar geschlagen, aber noch nie in einem Finale. Ich gebe zu, dass ist ganz sicher ein mentales Problem von mir. Dabei kann ich gar nicht sagen, dass er irgendetwas Besonderes macht.

Wayne Mardle hat in seinem Buch erwähnt, dass ihr zusammen Jugend gespielt habt?

Oh ja, wir haben immer zusammen gespielt, auch seine Frau Donna war dabei. Wir kennen und schon sehr lange.

Hast Du eine Ahnung, warum er in so eine Krise gerutscht ist?

Ich denke, er war einfach von der Rolle, ich habe mich aber nicht eingemischt. Ich habe nur zu ihm gesagt, so ganz am Anfang, dass ich es nicht für eine gute Idee halte, ein Jahr lang zu pausieren. Kein Sportler auf diesem Level kann sich so etwas erlauben, dass geht auch im Dartsport nicht.

Als Du die Diagnose "Zucker" bekommen hast, warst Du selbst auch auf einem Tiefpunkt. Lag das an der Krankheit?

Nein - ich hatte irgendwo mein Selbstvertrauen verloren und ich musste hart arbeiten, um es wieder aufzubauen.

Jetzt bist Du ja auch dem Weg zurück - bereitet Dir die Krankheit noch irgendwelche Probleme, wirkt sie sich aus?

Ich spüre überhaupt keine negativen Folgen, auch nicht, dass ich leichter ermüde, gar nichts. Ich weiß natürlich jetzt, dass ich immer wieder zwischendrin etwas essen muss, um den Blutzuckerspiegel nicht absinken zu lassen.

Und was ist mit Alkohol? Soviel ich weiß ist ja Alkohol nicht erlaubt.

Ich weiß - ich weiß. Aber ich brauche einfach ein paar Drinks, um mich entspannen zu können. Mein Arzt ist darüber überhaupt nicht glücklich, aber ich habe ihm gesagt, dass mit die "Spätfolgen" egal sind. Ich lebe jetzt und habe jetzt meinen Spaß, das ist das, was für mich zählt.

Und wie ist das mit dem Essen? Was in den Veranstaltungsorten angeboten wird ist ja nun nicht gerade gesund.

Ja - das ist ein weiterer Punkt, über den mein Arzt nicht glücklich ist. Aber ich esse einfach gerne, besonders das hausgemachte Essen, das meine Freundin kocht. Und was dürfte ich denn schon essen? Kartoffeln sind nicht gut, die haben zuviel Zucker, Fleisch ist auch nicht gut. Aber wenigstens mag ich Süßigkeiten sowieso nicht!

Viele Dartspieler heute sind an einem mehr professionellen Vorgehen interessiert, sie nutzen zum Beispiel die Sport Psychologie oder Entspannungs-Techniken, Mental-Trainer und ähnliches. Wie ist das bei Dir?

Ja, man hört wirklich sehr viel darüber, aber ich denke immer, dass ich selbst am besten weiß, was ich tue und wie ich Probleme und Schwierigkeiten überwinden kann. Warum sollte ich dafür jemand anderes bezahlen? Ich glaube, inzwischen weiß ich schon, was für mich richtig ist.

Ein Teil dieses neuen Ansatzes ist auch die körperliche Fitness - arbeitest Du an Deiner körperlichen Fitness?

Oh ja!!! Ich war ja nie auch nur andeutungsweise ein Sportler, aber ich gehe sehr gerne spazieren und meine Freundin achtet auch darauf. Wo wir wohnen gibt es eine Menge kleiner Teiche und wir können sehr schöne Spaziergänge machen. Ich bin sehr gerne an der frischen Luft. Und sie lässt auch nie locker. Sogar wenn ich am Abend eine Exhibition hatte und mich gar nicht danach fühle und übernächtig am Küchentisch sitze und die Augen gar nicht aufbekomme. Sie scheucht mich die Treppe hoch, damit ich mich anziehe und Ruckzuck gehen wir eine Stunde spazieren.

Man hört immer wieder einmal, dass Spieler sagen, sie würden nicht mehr trainieren - trainierst Du denn noch?

Ja natürlich. Ich habe dafür extra ein Gartenhaus. Wenn Du mich besuchen kommst, wirst Du im Haus gar nicht merken, dass ich ein Dart Spieler bin, da bin ich einfach nur Colin Lloyd - Dein Freund. Wenn ich Colin Lloyd der Dartspieler bin, gehe ich in mein Gartenhaus. Da sind alle Trophäen, alles, was mit Darts zu tun hat und auch mein Dartboard.

Und für wie lange und was trainierst Du?

Das ist unterschiedlich. Manchmal sind es nur 10 Minuten. Da arbeite ich an Dingen, die ein Problem zu sein scheinen und wenn es wieder läuft, ist das Training vorbei, weil ich denke, wenn ich weiter daran herummache, könnte sich das negativ auf mein Selbstvertrauen auswirken. Aber manchmal bleibe ich auch hängen und trainiere lange. Ich habe auch viele Freunde dort wo ich wohne und wir spielen oft mit einander.

Setzt Du Dir auch noch Ziele?

Eigentlich nicht. Siehst Du - ich habe ja schon viele Turniere gewonnen und mehr oder weniger bei allem mitgespielt, auch in der Premier League. Ich habe alles schon gesehen - aber ich liebe es zu gewinnen und ich will auch immer gewinnen.

Hilft Erfahrung weiter?

Erfahrung ist sehr wichtig. Schau Dir nur mal diese jungen Spieler an. Manche denken, sie wären es und werden überheblich. Neulich hab ich erst zu Arron Monk gesagt "Bild Dir bloß nichts ein, es ist nicht Dein Talent, vor dem die Leute Respekt haben. Sie respektieren nur Deinen Vater". Ich helfe diesen jungen Spielern nicht. Sie müssen merken, dass sie wirklich hart arbeiten müssen, wenn sie zu etwas kommen wollen. Es wird ihnen nicht geschenkt. Und wenn sie das nicht lernen, werden sie nie erfolgreich sein. Das ist wie mit diesen schönen sexy Blondinen, die denken alle haben nur auf sie gewartet. Aber so ist die Realität nicht.

Welchen Rat würdest Du ihnen denn geben?

Arbeitet hart, trainiert viele Stunden, engagiert Euch mit dem Kopf und mit dem Herzen und seid darauf vorbereitet, dass es schwer werden wird. Und erlernt lieber auch einen Beruf. Ihr könnt nicht sicher sein, dass ihr Erfolg haben werdet.

Also hast Du auch einen Beruf gelernt?

Ich bin Bäcker, aber ich kann auch mit Pferden umgehen. Und auf dem Bau habe ich auch schon gearbeitet. Sollte es also geschehen, dass ich nicht mehr spielen könnte oder dass es mir keinen Spaß mehr macht, hätte ich durchaus andere Möglichkeiten. Aber ich hoffe schon, dass ich noch viele Jahre das tun kann, was mir wirklich Freude macht.

Und Du würdest den jungen Spielern nie helfen?

Oh - wenn einer auf mich zukommen würde und mich um Rat fragen würde, würde ich natürlich helfen. Ich habe auch immer Geld locker für wohltätige Zwecke oder um jemanden aus der Patsche zu helfen. Ich bin schon ein freundlicher, hilfsbereiter Mensch - ich werde nur gemein, wenn es gerechtfertigt ist.

Was denkst Du, ist Deine besondere Stärke?

Wahrscheinlich, dass ich genau weiß, was ich tun muss. Und dass ich mich selbst rundherum akzeptiere und mein Leben genieße.

Und was gefällt Dir am Dartsport am besten?

Ich glaube, die Menschen und die Kameradschaft. Ich war schon überall - in Asien, in Amerika, in Kanada, in Europa und überall auf der Welt habe ich Freunde, Menschen, mit denen ich mich gerne unterhalte.









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