Interview mit John Bowles

John Bowles erregte 2011 Aufmerksamkeit, als er als erster Amateur Qualifikant der UK Open bis unter die letzten 16 kam und dabei Peter Manley, Devon Peterson, Justin Pipe und Steve Beaton schlug. Seit 2012 spielt er dank seiner Tour Card den kompletten PDC Circuit mit und konnte sich über den PDC World Championship Qualifier für die PDC Weltmeisterschaft 2013 qualifizieren. Er spielte sich bis in die zweite Runde und verlor dort in einem denkwürdigen Spiel ganz knapp gegen Gary Anderson. 2013 qualifizierte er sich für einige Turniere der PDC European Tour, stand einmal in den Halbfinalen eines UK Open Qualifiers und einmal im Viertelfinale eines Players Championships.
Bowles, der früher Rugby Profi war, wird vom Darts Performance Centre gesponsert und gerade sind seine Signatur Performance Dart auf den Markt gekommen. Während der UK Open 2013 entstand das folgende Interview.





John - du bist zum ersten Mal 2011 während der UK Open im Rampenlicht aufgetaucht - war das dein erstes großes Turnier?

Ich hatte mich bereits 2010 für die UK Open qualifiziert, aber gleich mein erstes Spiel verloren. 2011 habe ich mich über einen Riley Qualifier qualifiziert. Da gab es so viel Teilnehmer, dass ich zwei Sessions durchspielen musste, um mich für den einzigen zu gewinnenden Platz zu qualifizieren!

Hast du denn vorher in der BDO gespielt?

Ich habe an ein paar BDO Turnieren teilgenommen. Aber nach meiner ersten UK Open Teilnahme wusste ich, wo ich hin wollte. Nicht dass die BDO Turniere schlecht organisiert oder so etwas gewesen wären. Aber die Anzahl der Teilnehmer war so enorm, dass es sich immer etwas chaotisch anfühlte. Also beschloss ich 2011 es bei der PDC zu versuchen und nahm dann im Januar 2012 an der Qualifiying School teil und sicherte mir meine Tour Card.

Wie lange spielst du denn schon Dart?

Nicht so schrecklich lange. Ich habe 2006 oder 2007 damit angefangen. Nach meiner Verletzung konnte ich ja nicht mehr Rugby spielen.

Du hast vorher Rugby gespielt - als Profi?

Ja, ich habe beinahe 20 Jahre professionell Rugby gespielt.

Und bei welchem Verein und auf welcher Position?

Bei Widness - die sind jetzt in der Premier League. Die gab es damals noch nicht, aber wir waren auch damals in der ersten Liga. Ich war Second Forward - das ist so eine Art Bindeglied zwischen verschiedenen Mannschaftsteilen. Das habe ich sehr gerne gemacht!

Hast du auch noch einen anderen Beruf?

Ich bin Bauarbeiter.

Rugby und Darts sind ja zwei vollkommen unterschiedliche Sportarten - was es für dich schwierig, dich mit dem Dartsport anzufreunden?

Eigentlich nicht. durch den Rugby Sport habe ich sehr viel über mentale Stärke gelernt, das hilft mir beim Dart spielen.

Einer der großen Unterschiede ist ja, dass Rugby eine Teamsportart ist und Dart ein Individualsport. Was gefällt dir besser?

Ich mag eigentlich beides. Aber ich kann immer noch nicht Rugby im Fernsehen anschauen. Dann würde ich viel zu gerne immer noch dabei sein!

Als du der PDC beigetreten bist und angefangen hast auf dem Circuit zu spielen, hattest du da Probleme mit all den großen Namen?

Ich hatte keine Probleme mit den großen Namen. Ich war es ja vom Rugby her gewöhnt gegen große Namen anzutreten.

Wie lange denkst du braucht es, bis man sich an den Circuit gewöhnt hat?

Am Anfang war das wirklich nicht leicht. Ich schätze, ich habe so zwei Monate gebraucht.

War es schwierig für dich auf der großen Bühne zu spielen?

Damit hatte ich gar kein Problem. Man muss verschiedene Dinge wie die Scheinwerfer oder den Lärm einfach ausblenden. Aber das kann man lernen.

Du wirst jetzt auch vom Darts Performance Centre gesponsert - was hältst du von sportwissenschaftlichen Methoden im Dartsport?

Das ist einfach nur toll. Sie haben eine Video Analyse von meinem Wurf gemacht. Das ist wirklich erstaunlich. Mit Hilfe eines Laserstrahls kannst du den Weg deines Darts verfolgen und siehst auch, was die Ideal-Kurve ist. So kannst du wirklich sehen, was falsch läuft und durch die Analyse kannst du herausfinden, was du an deinem Wurf ändern musst, damit du in der Lage bist alle drei Darts genau identisch zu werfen.

Als Rugby Spieler bist du wahrscheinlich an die Methoden der Sportwissenschaft im Training gewöhnt?

Oh ja - da haben wir wirklich sehr viel mit Video Analysen gearbeitet. Wir haben uns unsere Spiele angeschaut und darüber diskutiert, was wir gemacht haben und was unsere Gegner getan haben und wussten dann, an was wir arbeiten mussten.

Denkst du, dass sportwissenschaftliche Methoden im Dartsport auch hilfreich sind?

Ich würde wirklich jedem einzelnen Dartspieler empfehlen, eine Video Analyse des Wurfs machen zu lassen!

Sprechen Dartspieler eigentlich miteinander über ihr Training oder ist das so etwas wie ein persönliches Geheimnis?

Manchmal sprechen wir darüber - während des Warm-Up oder so. Aber immer nur Stückchenweise.

Wie schaut denn dein Training aus? Hat es sich vielleicht unter dem Einfluss des Darts Performance Centres geändert?

Was ich herausgefunden habe ist, dass es mir wirklich hilft eine gewisse Beständigkeit aufzubauen. Als ich anfing den Circuit mitzuspielen passierte es mir, dass ich ein paar wirklich gute erste Legs warf und dann war es mit meiner Beständigkeit vorbei. Im Training war es das Gleiche - da gelang es mir genauso wenig, mich über längere Zeiträume zu konzentrieren. Also war das Erste, was ich versuchte, meine Trainingseinheiten zu verlängern. Nachdem ich das bewältigt hatte, bin ich jetzt auch in der Lage dazu mich in den Spielen länger zu konzentrieren.

Wie lange trainierst du denn so?

Oh - ich glaube das dürften jeden Tag so vier Stunden sein. Ich beginne mit einem langen Aufwärmen - so eine dreiviertel Stunde vielleicht. Dann folgt so rund eine Stunde richtiges Training. Dann mache ich eine Pause, trinke etwas, fange mit einem kürzeren Aufwärmen wieder an und trainiere weiter. Ich mache noch einmal eine Pause und trainiere noch eine Stunde.

Und das machst du jeden Tag?

Ja - das ist nun mal mein Beruf und da muss ich das einfach machen.

Trainierst du lieber alleine oder mit einem Partner - du warst ja vermutlich an trainieren im Team gewöhnt?

Meistens trainiere ich alleine, aber ich habe auch schon mit anderen Spielern trainiert zum Beispiel mit Michael Smith. Dann ist das Training mehr wettkampfmäßig. Und an den Tagen, an denen ich in der Liga spiele, streiche ich manchmal mein Training zuhause.

Ist es nicht schwierig sich für das Training zu motivieren?

Nein - das ist es nicht. Ich sehe ja, dass ich immer noch besser werde und ich will unbedingt besser werden - das ist meine Motivation.

Glaubst du, dass ein Coach hilfreich sein könnte?

Nein - ich denke ich komme ohne einen Coach klar. Manchmal gibt mir Paul vom Darts Performance Centre einen Rat oder ich rede mit ihm über mein Training. Aber ich denke, ich habe selbst einen ziemlich analytischen Verstand obwohl es manchmal besser ist in der Hinsicht nicht zu viel zu denken, sondern es einfach nur geschehen zu lassen. Dann scheint alles leichter zu gehen, auch im Wettkampf.

Und was trainierst du denn genau?

Nun ja, der wichtigste Bestandteil meines Trainings sind die Finishs zwischen 80 und 100. Wenn ich davon eines nicht treffe, muss ich mit der 80 wieder von vorne anfangen. Ganz oft komme ich bis zu 97, was ein Drei-Dart Finish ist, und dann darf ich wieder von vorne anfangen, weil ich nicht weiter komme.
Was ich auch für meine Finishs mache ist, dass ich zwei Darts auf die Tripel 20 oder überhaupt das Zwanziger Segment werfe und dann den dritten Dart für ein Doppel nutze. Ich fange mit Doppel 1 an und dann geht es rund ums Board. Damit mein Kopf auch beschäftigt bleibt, ändere ich die Reihenfolge der Doppel - ich werfe dann nicht 1, 2, 3 sondern vielleicht 1, 5, 3 und so weiter.
Und dann spiele ich natürlich noch 15 Dart Legs. Sie muss ich in 15 Darts beenden oder ich habe verloren. Natürlich sind die Legs mit weniger als 15 Darts die Besten!

Ist es für deine Taktik oder deine Vorbereitung von Bedeutung, wer dein Gegner sein wird?

Nein - Ich spiele immer gegen das Board. Da ist es dann unwichtig, wer mein Gegner ist oder sein wird.

Was machst du denn für deine Fitness?

Nicht besonders viel...Ich habe es mit Gewichtheben versucht, aber das hat meinem Wurf geschadet. Andere Spieler wie zum Beispiel Arron Monk schwören darauf. Ich gehe ab und zu ins Fitness Studio oder auf den Heimtrainer.

Ist für dich Dart ein Sport?

Ich würde sagen Dart ist ein richtiger Sport - nicht im physischen Sinne, obwohl du schon eine Menge läufst, aber mental ist es sehr anstrengend.

Wie schaut es mit deinen Zielen aus und wie gut denkst du, dass du werden kannst?

Als erstes - ich halte es für sehr wichtig, sich Ziele zu setzen! Ich habe mehrere Ziele. Natürlich will ich wieder im Ally Pally dabei sein. Dann möchte ich unter die Top 64 kommen und auch dort bleiben - ich möchte wirklich nicht noch einmal zurück in die Qualifying School, es war so schwer, sich da durchzusetzen. Und dann möchte ich natürlich in den Rankings noch weiter nach oben kommen. Wir werden sehen, wie weit es geht!

Eines der größten Probleme im Dartsport ist es mit Enttäuschungen fertig zu werden. Was machst du denn nach einer Niederlage?

Wahrscheinlich solltest du eine Niederlage gar nicht anders behandeln als einen Sieg. Man sollte immer herausfinden, was gut lief und was nicht. Auf jeden Fall lernt man aus einer Niederlage mehr...Aber natürlich bin ich trotzdem ganz schön enttäuscht...

Was sind denn für dich die Charakteristika eines wirklich guten Spielers? Wie viel denkst du ist Talent und wie viel harte Arbeit?

Also - man braucht auf jeden Fall mentale Stärke und Entschlossenheit. Dass man nie aufgibt ist auch sehr wichtig - ich lag schon oft weit zurück und konnte dann das Spiel noch drehen. Dann brauchst du jede Menge Mumm. Und eine positive Einstellung ist auch sehr wichtig!
Es gibt genügend Spieler, die denken, sie haben großes Talent und müssten daher gar nicht trainieren. Aber das endet in Stagnation - dann wird es keinen Fortschritt geben.

Was für Darts spielst du?

Ich habe meine eigenen Signature Performance Darts. Sie kommen bald auf den Markt. Wie du sehen kannst, schauen sie genau wie die Performance Darts aus, nur die Oberfläche ist etwas anders strukturiert. Für mich ist das wichtig, weil ich das fühlen kann und es mir so gelingt, sie immer genau gleich anzufassen. Und so ein beständiger Gripp hilft dabei, einen beständigen Wurf zu haben.

Was würdest du als deine besondere Stärke sehen und in welchen Bereichen musst du noch arbeiten?

Wahrscheinlich ist meine mentale Stärke mein Pluspunkt und das Finishing immer noch mein größtes Problem. Mit dem Scoren habe ich gar keine Schwierigkeiten, aber auf mein Finishing kann ich mich nicht immer verlassen.

Würdest du sagen Dartspieler ist so eine Art Traumberuf für dich?

Für mich ist es das. Was mich wahrscheinlich am meisten fasziniert ist der Wettkampf. Das gefällt mir! Und dann auch die Möglichkeit besser und besser zu werden. Dass man das Beste aus sich herausholen kann.

Hast du denn überhaupt noch Freizeit? Und was tust du um dich zu entspannen?

Ich habe nicht viel Freizeit und gar keine Zeit für Hobbys... Aber ich schaue mir gerne Sport im Fernsehen an.

Und wie ist das, wenn du Urlaub hast?

Ich würde nie ohne meine Darts verreisen! Und während der PDC Sommer Pause spiele ich auch.
Einmal ist da die ganze Familie in einen Pub gegangen, aber nachdem ich dort alles gewonnen hatte, wollten sie mich nicht mehr hineinlassen...














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