Interview mit Dennis Priestley

Am 16. Juli feiert einer der beliebtesten und besten Dartspieler der letzten beiden Jahrzehnte seinen 60. Geburtstag - Dennis Priestley. Er war immer der große Rivale von Phil Taylor und stand fast immer in seinem Schatten - Priestley dominierte den Dartsport nur in den Jahren zwischen 1991 und 1994 und hat lediglich die allererste PDC Weltmeisterschaft gegen Taylor gewinnen können. Vier Mal stand er danach noch im Finale - und vier Mal hieß der Sieger Phil Taylor.
Dennoch hat Priestley nie klein beigegeben und steht auch heute noch unter den Top 16 der Welt, obwohl er inzwischen nicht mehr an allen Pro Tour Events teilnimmt.

Vor ein paar Jahren erkrankte Dennis Priestley an Prostatakrebs. Die Art und Weise, wie er mit der Krankheit umging und wie es ihm gelang sogar während der Behandlung weiter Dart zu spielen, hat sicherlich die Achtung, die man vor ihm empfindet, noch verstärkt.
Im Frühjahr dieses Jahres war er freundlicherweise sofort dazu bereit, sich mit mir zu unterhalten. Jede Arroganz ist ihm fremd, wobei man aber schon den Eindruck hat, einer wirklichen Persönlichkeit gegenüberzustehen.
Aus unserem Gespräch ist das folgende Interview geworden.



Dennis, Du hast 1989 angefangen bei der BDO Dart zu spielen - Du scheinst immer noch motiviert zu sein, wie machst Du das?

Ich würde schon sagen, dass meine Motivation nicht mehr so stark ist, ich bin motiviert, aber nicht mehr so sehr.


Und wie hast Du es geschafft über all die Jahre auf einem gleich hohen Level zu spielen?

Ich glaube, dass ich ein sehr beständiger Spieler bin. Man muss sehr diszipliniert sein und professionell. Und sehr engagiert. Wenn Du dass nicht bist, geht gar nichts und natürlich gibt es das für mich nicht, dass ich an den Turnierwochenenden dann Abends noch ausgehe oder sehr spät ins Bett komme.


Wie lange bist Du denn schon Vollzeitprofi?

Ich wurde Vollzeitprofi nachdem ich 1991 die Embassy Weltmeisterschaft gewonnen habe.


Und Du konntest wirklich all die Jahre ausschließlich von Darts leben?

Ja - das war möglich. Ich habe Turniere gespielt und nebenher Exhibitions und Präsentationen bestritten.


Du bist 1989 der BDO beigetreten und hast 1991 die Weltmeisterschaft gewonnen - ich denke, dass Du nicht erst 1989 mit dem Dart spielen angefangen hast?

Nein, das ist richtig. Ich habe so mit Mitte/Ende 20 angefangen Dart zu spielen.
Erst lokal, dann spielte ich 1983 zum ersten Mal für Yorkshire und 1989 zum ersten Mal in der Nationalmannschaft.


Also warst Du vergleichsweise alt, als Du mit dem Dart spielen angefangen hast?

Ja, so kann man schon sagen. Und ich denke, dass die, die früher damit anfangen wirklich im Vorteil sind. Sie haben einfach mehr Zeit sich zu entwickeln und zu reifen.


Du hast die Embassy Weltmeisterschaft gegen Eric Bristow gewonnen, war Eric Bristow so eine Art Idol für Dich?

Ich kannte Eric Bristow natürlich. Im Dartsport hat es immer die Bad Boys gegeben wie Eric Bristow oder Peter Manley und die Guten wie John Lowe. Aber ich würde nicht sagen, dass er für mich ein Vorbild war, mein Vorbild war immer Leighton Rees, der Gentleman des Dartsports.


Du warst eines der Gründungsmitglieder der PDC - wie kam es denn zu dem Split?

In den 1980ziger Jahren gab es einen ziemlichen Rückgang im Dartsport und die BDO hat viele ihrer Turniere aufgegeben. Wir Spieler baten sie, doch mehr für uns zu tun und uns wieder zurück ins Fernsehen zu bringen. Aber es passierte einfach nichts.
So haben wir uns dann abgespalten. Es war eine sehr harte Zeit für uns alle und auch für unsere Familien. Wir haben ja am Anfang kaum Geld verdient und waren ständig in Gefahr unsere Häuser verkaufen zu müssen. Dick Allix und Tom Cox halfen uns und haben zu Beginn alles gemanagt und später haben wir dann Barry Hearn geholt.
Es war auch die Zeit, in der die ersten Kabelsender aufkamen und es ist schon fast unglaublich, wie gut Sky Sports Darts heute im Fernsehen überträgt.


Für mich schaut es so aus, als hätte die BDO immer noch die gleichen Probleme.

Ja - da hat sich in der ganzen Zeit nichts bewegt und es wird sich auch nichts bewegen, bevor all diese alten Leute nicht verschwunden sind. Es ist schon sehr traurig, aber ich glaube wirklich nicht, dass sich irgendetwas bewegen wird, bevor nicht Olly Croft tot ist.
Und ich kann eigentlich auch niemanden sehen, der als Nachfolger etwas bewirken könnte. Das ist überhaupt nicht gut für den Dartsport, für den Dartsport auf der ganzen Welt, weil Olly Croft auch einfach in der WDF immer noch viel zu viel Einfluss hat.


Glaubst Du, dass die BDO überleben wird?

Ich denke schon, dass sie überleben wird, aber sie wird nur noch ein Schatten ihrer selbst sein.


In all den Jahren, die Du schon in der PDC spielst konntest Du nur einen einzigen Weltmeistertitel holen, den aller ersten. Wie frustrierend war es, vier Mal im Finale gegen Phil Taylor zu verlieren?

Das war ganz schön frustrierend - immer wirklich sein Bestes zu geben und doch zu verlieren. Aber wenigstens ist es ihm beim aller ersten Mal gegen mich genauso gegangen!


Ohne Phil Taylor wärst Du viele Jahre die Nummer 1 gewesen - hast Du damit noch ein Problem?

Ich hatte damit ein Problem - obwohl, das sind natürlich jede Menge Wenn und Abers. Inzwischen bereitet mir das kein Kopfzerbrechen mehr.


Einige Jahre hast Du Dir mit Phil Taylor das Preisgeld geteilt.

Das war damals nur vernünftig - das Preisgeld war nicht allzu hoch und wir mussten in diesen Jahren wirklich zusammenhalten. Wir sind zusammen gereist, wir haben die Ausgaben geteilt und wir haben das Preisgeld geteilt. Heute könnten wir das gar nicht mehr machen, jede Art von Glückspiel ist nach den PDC Regeln verboten.


Wie würdest Du Deine Beziehung zu Phil Taylor beschreiben?

Es war sowohl Freundschaft als auch Rivalität. Heute weiß ich, dass es ein Fehler war, Phil so nahe kommen zu lassen.


Gibt es zwischen den Spielern auch heute noch Kameradschaft oder gibt es dafür keinen Platz mehr?

Freundschaft und Kameradschaft gibt es auf jeden Fall immer noch, fast immer kommen alle gut miteinander aus. Auseinandersetzungen sind selten. Aber ich würde schon sagen, dass sie nicht mehr so viel Spaß miteinander haben, wie wir früher!


Wie sehr hat sich die Dartszene in all den Jahren verändert?

Der Standard ist heute auf jeden Fall sehr viel höher, es gibt einfach viel mehr gute Spieler.


Warum ist das so?

Ich denke, sie trainieren sehr viel mehr als wir früher, es ist alles professioneller. Und die Fitness ist viel besser, sie gehen ins Fitnesstudio und schwimmen, schwimmen ist auch sehr gut und solche Sachen und das hebt einfach den Standard.


Das Mentale spielt ja eine sehr wichtige Rolle im Dartsport. Nun arbeitet zum ersten Mal ein Sport-Wissenschaftler mit einem Dartspieler. Könnte das die Zukunft des Dartsports sein?

Ich kann mir das gut vorstellen. Wenn man ständig auf einem sehr hohen Niveau spielen muss, könnte das sicher sehr hilfreich sein. Das und dann noch dazu arbeiten an der körperlichen Fitness.


Du bist bekannt und vielleicht auch nicht besonders beliebt wegen Deinem langsamen Wurf. Hast Du immer so geworfen?

Ja, von Anfang an. Ich habe den Eindruck im Augenblick bin ich schneller geworden - das ist nicht so gut für mein Spiel. Ich konzentriere mich immer besonders auf meinen ersten Dart - der erste Dart ist der entscheidende. Die anderen beiden sind für mich ganz einfach.
Ich denke immer, dass diese so schnell werfenden Holländer mit dieser Art von Wurf nie bis ganz an die Spitze kommen können. Sie können sehr gut werden aber eben nicht Spitze.


Denkst Du, dass das älter werden eine Auswirkung auf Deine Darts hat?

Das hat es ganz bestimmt. Diese langen Konzentrationsphasen strengen sehr viel mehr an. Und außerdem hatte und habe ich zwar mit meinem Wurfarm nie Probleme aber ich spüre jetzt meine Beine und Füße. Ich war zwar in jüngeren Jahren immer recht fit, aber wenn ich daran so gearbeitet hätte wie viele der Spieler heute, hätte ich jetzt vielleicht dieses Problem nicht.


Strengt auch das Reisen mehr an?

Ja, ganz bestimmt.

Was fasziniert Dich denn am meisten im Dartsport?

Am meisten? Am meisten faszinieren mich die vielen unterschiedlichen Menschen. Sie sind wirklich alle ganz verschieden, ein kleiner Mikrokosmos. Es ist einfach schön sie alle zu treffen und mit ihnen zu reden.


Was würdest Du denn als Deine größte Stärke bezeichnen?

Ich denke, das ist meine Natur, mein Temperament. Das ich mich nicht zu sehr aufrege oder beeindrucken lasse. Man muss auf jeden Fall erst lernen zu verlieren, bevor man gewinnen kann.
Da gibt es genügend, die es viel zu sehr mitnimmt, wenn sie verlieren - Baxter oder Mark Walsh zum Beispiel - man kann nie das Top Level erreichen oder ein Sieger werden, wenn man so ist. Es gibt ganz sicher Spieler, die einfach für den Wettkampf wegen ihres Naturells nicht geeignet sind.


Spielst Du gerne auf der Bühne?

Ja, das liebe ich wirklich. Auf der Bühne scheine ich immer noch langsamer zu werfen und das ist gut für meine Darts.


Was hältst Du denn von diesen enormen Zuschauerzahlen bei der Premier League?

Also ich denke, dass das ganze eine Nummer zu groß geworden ist. Ich weiß schon, das bringt Geld und erweckt Interesse und solche Dinge. Aber ich denke trotzdem, dass es zu groß geworden ist. Die Leute kommen ja auch mehr wegen der Atmosphäre und gar nicht wegen der Darts.


Und wie gefallen Dir die Floor Turniere?

Heutzutage sind sie für mich sehr anstrengend und ermüdend. Ich war sicher keiner der Spieler, der dabei keine Zuschauer haben wollte. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ein paar Zuschauer in so einer Halle wie in Wigan irgendwelche Probleme machen würden. Vielleicht kommt das daher, dass es in Bristol Probleme gab.


Auch wie Du so krank warst und mitten in der Behandlung hast Du gute Leistungen gezeigt -

Das schon, aber es war auch extrem anstrengend und ermüdend für mich. Es hat mich geistig und körperlich viel mehr angestrengt als sonst.


Was ist Deiner Ansicht nach ausschlaggebend für einen guten Dartspieler?

Ich denke schon, dass Talent dazu gehört. Aber man muss auch sehr viel und hart trainieren.


Trainierst Du denn noch?

Ja, wenn ich nicht arbeite treffe ich mich mit Freunden und wir trainieren zusammen.


Du hast angekündigt, dass Du Dich dieses Jahr nach Deinem 60.Geburtstag aus dem Dartsport zurückziehen wirst - denkst Du kannst ganz ohne Darts leben?

Ich trete zunächst einmal kürzer. Ich werde erst einmal nicht mehr so viel reisen wie bisher, damit habe ich ja schon angefangen. Ich spiele die Pro Tour Wochenenden, die nahe bei mir stattfinden. Nach Kanada werde ich aber fahren, da treffen wir immer Freunde. Ich werde auch weiter Exhibitions spielen und Präsentationen machen.
Aber es gibt so viele Sachen außer Darts, die ich endlich machen möchte - es wird ein viel leichteres Leben sein.






Kontakt © Global Darts. All Rights Reserved. Impressum