Interview mit Jyhan Artut

Der 1976 geborene Jyhan Artut ist der derzeit beste deutsche Spieler auf der PDC Pro Tour, die er Dank seiner Sponsoren seit ein paar Jahren komplett spielen kann.
Wenn Artut durchaus auch als Jugendspieler des DDV und später auch als Senior im nationalen Verband erfolgreich Dart spielte, hat er sich doch erst seit seinen TV Auftritten im Rahmen der PDC Weltmeisterschaften wirklich einen Namen gemacht. Das ist vor allem auch dem packenden Erstrunden - Spiel gegen Gary Anderson bei der PDC Weltmeisterschaft 2012 zu verdanken, das Artut erst im Sudden Death Leg verlor.
Hier im Vorfeld des PDC World Cups, an dem er wie auch in den letzten Jahren als Teil des deutschen Teams teilnehmen wird, ein Interview mit Jyhan Artut, zu dem ich während der UK Open in Minehead Gelegenheit hatte.






Jyhan, du warst in diesem Jahr der einzige deutsche Spieler, der sich für die UK Open qualifizieren konnte - war es dieses Jahr besonders schwer?

Ja, ich denke schon, dass es schwerer geworden ist. Es spielen ja jetzt auch noch jede Menge junger Spieler von der Youth Tour und viele starke Niederländer mit.

Wie kam es bei den Spielern an, dass es nur noch sechs Qualifikationsturniere an zwei Wochenenden gab?

Da ich mich ja qualifizieren konnte, muss ich natürlich sagen, es gefällt mir auf jeden Fall besser. Für mich bedeuten zwei Wochenenden nur zwei Mal nach England fahren statt drei oder vier Mal. Das ist natürlich weniger anstrengend und auch deutlich billiger. Die, die sich nicht qualifizieren konnten, sehen das sicher anders und hätten gerne noch mehr Chancen gehabt.

Was hältst du vom neuen Austragungsort bzw., hast du von den anderen Spielern darüber gehört?

Was mir gut gefällt, ist, dass ich ganz in der Nähe eine Unterkunft habe, da kann ich mich zwischen den Spielen auch einmal zurückziehen und ausruhen. Das, was die besondere Atmosphäre der UK Open ausmachte, gab es aber leider bei dieser Raumaufteilung nicht mehr. Und Minehead liegt darüber hinaus nicht unbedingt zentral - die Anreise ist ziemlich umständlich.

Dein Gegner war ja nun nicht unbedingt ein bekannter Spieler - wie gut war er denn???

Na ja, das Problem war weniger mein Gegner, das eigentliche Problem war ja ich selbst. Ich habe zwar gut gescort, aber ich habe einfach meine Doppel nicht getroffen. Dafür habe ich gar keine Erklärung - in letzter Zeit hatte es sonst gut geklappt.

In den deutschen Foren wird immer viel darüber geschrieben, dass die deutschen Spieler auf der Pro Tour einfach nicht erfolgreich sind - wie hoch ist denn das Niveau des englischen Durchschnittsspielers? Ist der wirklich besser?

Nein, das kann man überhaupt nicht so sagen, wir sind auf jeden Fall genauso gut. Aber für uns ist es einfach viel schwieriger - einmal durch die Reiserei und zum anderen deshalb, weil wir den Rücken nicht frei haben - unsere Finanzen sind viel zu unsicher und der Druck dadurch viel höher.

In wie weit hältst du denn die Superleague für hilfreich - kann sie die deutschen Spieler voran bringen?

Zunächst einmal muss ich da wirklich einmal eine Lanze für die PDC Europe brechen - sie hat den deutschen Dartsport schon ziemlich voran gebracht.
Allerdings halten wir Spieler die Superleague so wie sie momentan gespielt wird, nicht für besonders hilfreich. Bei diesem Format stehen die Top 8 einfach viel zu schnell fest. Dann hat man oben an der Spitze keinen Druck mehr und in der unteren Hälfte keine Lust mehr, weil man spielen kann wie man will, ohne dass sich an der Tabellensituation noch etwas ändern ließe. Das ist auch ein Grund dafür, warum so viele Spieler die letzte Saison nicht zu Ende gespielt haben. Aber wir haben darüber mit den Verantwortlichen der PDC Europe gesprochen und ihnen gesagt, wie es unserer Ansicht nach besser und effektiver laufen könnte. Allerdings war es für die Änderungen in dieser Saison schon zu spät. Ich gehe mal davon aus, dass die Superleague 2015 anders aussehen wird.

In der Super League spielen ja jetzt doch wieder überwiegend die altbekannten deutschen Spieler mit - wie schaut es denn in Deutschland mit dem Nachwuchs aus??

Es gibt genügend Nachwuchs und das Interesse ist groß. Was fehlt ist ein wirkliches Konzept für die Nachwuchsförderung. Mir schwebt da so etwas wie Steve Browns Darts Academy vor und ich möchte es gerne in den nächsten Jahren in Angriff nehmen, so etwas in Deutschland auch aufzubauen. Mit Steve habe ich darüber auch schon gesprochen. Seine Unterstützung hätte ich. Das Problem ist - wie so oft die Finanzierung. Ohne finanzielle Unterstützung und Sponsoren ist das einfach nicht zu machen.

Wie bist du denn selbst zum Dartsport gekommen?

Mein Vater hatte eine Kneipe mit Dartboard und da habe ich damit angefangen.

Und wie gut warst du als Jugendlicher?

Ich habe sehr schnell alle Turnier gewonnen, bei denen ich aufgetaucht bin und war auch sehr schnell bei der Nationalmannschaft dabei. Wenn ich mich richtig erinnere war mein erster nationaler Auftritt der Kings Cup. Der erste internationale war der Europe Cup Youth. Nach nur acht Monaten Dart habe ich ihn 1990 gewonnen und wurde Jugend Europameister. Dann habe ich aber für eine Weile aufgehört - von 19 bis 24 Jahren habe ich nicht gespielt.

Trainierst du auch heute noch?

Natürlich, ich trainiere ziemlich viel, ohne Training hat man auf diesem Niveau keine Chance. Wenn ich nach England zu den Turnieren fahre, sehe ich, dass im Vorfeld schon öfters mit den englischen Spielern trainiere.

Und was hältst du von all den sportwissenschaftlichen Methoden im Dartsport oder auch mentalem Training?

Also ich halte da nicht allzu viel davon, nicht auf meinem Level. Ich weiß schon, dass einige Spieler, wie zum Beispiel Raymond van Barneveld, damit arbeiten und auch davon überzeugt sind, aber ich glaube mir kann das auch nicht weiter helfen.

Hast du denn schon einmal überlegt, nach England zu ziehen?

Das kann ich mir aus den verschiedensten Gründen nicht vorstellen. Ich könnte nicht in England leben. Ich könnte mir vorstellen immer mal wieder für einige Zeit dort zu wohnen.

Was sind denn das für Gründe?

Nun einer der Gründe ist sicherlich, dass ich denke, dass wir in Deutschland viel bessere Spielstätten haben. In England gibt es ja gar nicht mehr so viele Pubs, in denen man Dart spielen kann und wenn, ist meistens die Ausstattung nicht so besonders. Da sind wir mit unseren Vereinsheimen eindeutig besser dran und die englischen Spieler bekommen oft ganz große Augen, wenn sie das sehen. Außerdem bin ich wirklich kein Fan der englischen Küche...

Und was ist, wenn du am Ende der Saison deine Tour Card abgeben musst??

Das wird ganz bestimmt nicht geschehen. Mit der neuen Order of Merit Regelung habe ich da einen großen Vorteil gegenüber den Spielern, die nur auf dem Kontinent spielen und nicht so wie ich die gesamte Pro Tour.

Wie sieht es bei dir denn mit den Sponsoren Geldern aus?

Ich habe schon meine Sponsoren, aber ganz ohne Preisgelder passt es mit der Finanzierung nicht. Ich bin ja Vollprofi - da muss ich einfach auch Preisgelder einspielen. Schließlich kostet mich so ein Wochenende in England zwischen 800 und 1000 Euro.

Spielst du eigentlich auch E-Dart?

Schon ab und zu. Und auch ziemlich erfolgreich. Obwohl die Felder kleiner sind. Es ist schon immer eine gewisse Umstellung.

Was für Ziele hast du dir im Dartsport gesetzt?

Ja - wie schon gesagt möchte ich bis Ende des Jahres sicher unter den Top 64 stehen, die Top 32 wären natürlich besser, ich möchte ja auf jeden Fall wieder an der European Championship und an der Weltmeisterschaft teilnehmen.

Hast du noch Interessen außerhalb des Dartsports?

Oh ja, Fussball und Billard spielen. Aber dafür habe ich einfach nicht mehr genug Zeit. Vielleicht noch gut Essen und Kochen...

Und was ist es, was dich beim Dartsport fasziniert?

Ich schätze daran, dass Dart ist ein echter Sport für Jedermann/Jederfrau ist. Ich mag es auch, dass es ein Wettkampf Eins gegen Eins ist und ich damit selbst verantwortlich bin, für das, was ich mache. Ich kann dadurch das tun, worauf ich Lust habe, ich komme viel herum, lerne nette Leute kennen. Darts ist einfach geil!









Bilder mit freundlicher Genehmigung von Lawrence Lustig, PDC, und Global Darts.



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