Champion der Welt
1999 saß ich in einer Bar in Toronto um John Part zu interviewen. Er hatte 1994 die Embassy gewonnen und stand auf dem sechsten Platz der World Darts Federation und war die Nummer 1 von Kanada, einem Land irgendwo in Amerika.

Wir hatten uns vor ein paar Jahren bei einem Turnier getroffen, und waren Freunde geworden. Wenn ich geschäftlich nach Toronto kam, rief ich ihn vorher an und wir arrangierten ein Treffen. Wir tranken ein paar Bier und warfen ein paar Darts. Ich erinnere mich, wie er einmal eine 180 warf. Ich hatte darauf mit einer Zwei geantwortet. Damit hatte ich ihn genau dort, wo ich ihn haben wollte.

Ich habe an diesem Abend bei unserem Gespräch nicht viel erfahren. Das liegt daran, dass John Part nicht aus dem gleichen stereotypen Guss geformt ist, wie die meisten Dartspieler. Er war nicht sehr daran interessiert über Glücksspiel, Frauen oder sein Lieblingsspiel zu reden. Okay, das ist eine Lüge.

Aber etwas, was er sagte, hinterließ bei mir einen anhaltenden Eindruck.

Es dauerte nicht lange und Part fing an Ernest Hemingway zu zitieren und darüber zu reden, ein Buch zu schreiben und es dauert auch nicht lange, bevor er versuchte, das Interview in meine Richtung zu drehen. "Santiago hatte ein Ziel", forderte er mich heraus. "Er hing tagelang dort herum, briet in der Sonne und starb fast dabei, seinen Traum zu verfolgen, eh. Du musst dir Ziele setzte, eh?"

Mir wurde klar, dass ich keines hatte, zumindest keines, dem Brittany Spears zustimmen würde. Ich schoss die Frage zurück zu ihm. Im Versuch eine gemeinsame Basis zu finden, redete ich sogar in seiner Sprache. "Hey, ich bin es, der ein Interview macht, eh? Was sind deine Ziele, eh?

Wichtige Anmerkung: "Das Word "eh" (ausgesprochen "Ay") ist in Kanada wichtig und mehr oder weniger die Basis der kanadischen Kommunikation. Frei übersetzt bedeutet es "Ich habe einen Hockey Puck in der Nase stecken."

Wie dem auch sei, das war der Augenblick indem Part, jetzt 36, eine Blick in seine Zukunft wagte. "Mein Ziel ist es, der dominante Spieler der Welt zu werden, bevor ich 45 bin." Genau daran habe ich mich immer erinnert. Und Part anscheinend auch.

Vor zwei Jahren habe ich mich an dieses Gespräch erinnert, als Part mit 0:7 von Phil Taylor bei der Weltmeisterschaft nieder gemacht wurde. Ich habe mich auch letztes Jahr wieder daran erinnert, als er zwei Mal von Taylor geschlagen wurde, beim World Matchplay und beim World Grand Prix.
Also habe ich meine alte Ausgabe ausgegraben und Hemingways "The Old Man and the Sea" ausgegraben und wieder gelesen. "Fisch, ich liebe dich und respektiere dich sehr", bemerkte der mitleidende Santiago an einem Punkt seines epischen Kampfes mit dem Speerfisch. "Aber ich werde dich töten, bevor der Tag vorbei ist."

Santiago bleibt eines der besten Beispiele der Literatur eines Charakters der zeigt, was Hemingway als "Anstand unter Druck" beschreibt. Sogar, wenn ihm am Ende der Geschichte nur das Gerippe des Speerfischs bleibt. Santiago ist ein Sieger, weil er nie aufgibt, heldenhaft die Haie abwehrt - solange, bis es nichts mehr gibt, um das man kämpfen kann. John Part erinnert mich an Santiago.

Ich war nicht dabei am vergangenen 5. Januar bei der Weltmeisterschaft in der Circus Tavern in Purfleet als sich Part mit einem 121 Finish das erste Leg schnappte und zu einer 3:0 Set Führung gegen den 10maligen Weltmeister stürmte. Taylor, allgemein als der Größte aller Zeiten in unserem Sport angesehen, war 7:1 Favorit auf seinen 11. Titel.

Ich kann mir nur die Aufregung, die Dichte des Dramas vorstellen, als Taylor, der Speerfisch - der in den letzten drei Weltmeisterschaft- Finalen kein einziges Set abgegeben hatte - sich zurück kämpfte. Er glich zum 4:4 aus und ging dann mit einem spektakulären 167 Checkout 5:4 in Führung. Die Briten müssen unter der Decke gehängt sein. Und wie Santiago, dürfte Part unter den Scheinwerfern auf der Bühne gebraten haben.

Wenn es ich gewesen wäre, ich hätte mir glatt in die Hosen gemacht.

Es gibt in Maya Angelous Autobiographie "I Know Why the Caged Bird Sings" eine bemerkenswerte Szene. Uncle Willie's Laden, der Treffpunkt der Dunkelhäutigen in der kleinen Stadt in Arkansas, in der Angelou aufgewaschen ist, ist zum Bersten voll. Ihr Held, Joe Lewis, verteidigt seinen Weltmeistertitel im Schwergewicht gegen seinen weißen Herausforderer, Primo Camera. Die Stimmung ist aufgeladen.

Genauso muss es in Purfleet gewesen sein. Darth Maple gegen The Power. Der kanadische Herausfordere gegen den britischen Weltmeister.

Ich kann die Fans von The Power hören...

"Ich mach mir kein Sorgen bei diesem Kampf. Joe wird ihm schon die Leviten lesen, " trumpfte einer der Stammkunden von Uncle Willie's auf. "Er wird in schlagen bis dieser weiße Junge nach seiner Mutter schreit," sagte ein anderer.

Ich bin sicher, das ist es was sie alle glaubten, die Briten. Aber dann wurde der erste Dart geworfen...

Die Glocke wird angeschlagen. Der Kommentator beginnt zu kommentieren. "Eine kurze Gerade Richtung Kopf. Eine Linke zum Kopf und eine Rechte und noch eine Linke. Sie sind im Clinch und Lewis versucht sich daraus zu befreien."
"Die Kamera zeigt wie Lewis in den Seilen hängt. Eine Linke Richtung Körper und eine Rechte in die Rippen. Noch eine Rechte zum Körper, es schaut aus, als wäre sie zu tief gekommen. Ja, meine Damen und Herren, der Schiedsrichter zeigt es an, aber der Herausforderer lässt Schläge auf Lewis prasseln. Noch eine zum Körper und es schaut aus, als ginge Lewis zu Boden."

Part brachte Taylor vom ersten Dart an in die Klemme. The Power schien zu Boden zu gehen.

Aber dann kommt Lewis aus den Seilen zurück. Der Kommentator fährt fort: "Und jetzt schaut es aus, als wäre Joe verrückt geworden. die Kamera fängt ihn mit einem linken Haken zum Kopf ein und dann mit einer Rechten. Eine kurze Gerade zum Körper und eine weitere Linke zum Kopf. Dann eine linke Flanke und eine Rechte zum Kopf. Das rechte Auge des Herausforderers blutet und es schaut so aus, als wäre er nicht in der Lage abzublocken. Lewis kommt durch jeden Block durch. Der Schiedsrichter schreitet ein, aber Lewis schickte eine Linke zum Körper und einen Uppercut zum Kinn und der Herausforderer fällt. Er liegt am Boden, meine Damen und Herren."

So plötzlich wie eine Schlange zubeißt, findet Taylor zu seinem Spiel. Sie nennen ihn nicht ohne Grund The Power - er ist nicht umsonst zehnfacher Weltmeister. Nach dem er mit 0:3 und 1:4 zurücklag, ist Taylor im Aufwind. An einem Punkt des Spiels gewinnt er elf Legs nacheinander, wirft dabei einen Zehn-Darter, eine Vorstellung, die (und das tatsächlich auch seit Jahren tatsächlich tut) auch schwächer Männer zu Boden gebracht hat. Mit Darth Maples dominierende 3:0 Führung ist es blitzartig vorbei. Jetzt hängt Santiago in den Seilen.

Die Männer in Uncle Willies Laden rücken näher ans Radio heran.

"Hier ist der Schiedsrichter. Er zählt. Eins, Zwei, Drei, Vier, Fünf, Sechs, Sieben. Versucht der Herausforderer noch einmal hochzukommen?

Die Männer in Uncle Willies Laden springen auf und rufen: "Nein".

...Acht, Neun, Zehn. Der Kampf ist vorbei, meine Damen und Herren. Lasst mich das Mikrofon an den Schiedsrichter übergeben. Da ist er. Er hebt die Hand von Brown Bomber hoch. Er hebt sie hoch. Hier ist er."

Und dann verkündet die bekannte Stimme des Schiedsrichters der ganzen Welt: " Der Sieger und der immer noch amtierende Schwergewichts-Weltmeister ist Joe Lewis."

Aber ganz so lief es in Purfleet nicht.

Santiago schlug zurück. Er glich zum 5:5 aus und holte sich dann wieder die Führung. Mit 6:5 war er nur noch ein Set von seinem Traum entfernt.

Aber der große Fisch war immer noch stark. Er sprang zu einer schnellen 2:0 Führung im zwölften Set und wenn auch Santiago das dritte Leg gewinnen konnte, konnte Taylor doch das 6:6 klar machen und ein entscheidendes 13. Leg erzwingen.

Ein Set für den Weltmeister Titel. John Part gegen den großen Phil Taylor. Darth Maple versus The Power. Der Kanadier gegen den Briten. Primo Camera gegen den Brown Bomber. Hemingways Santiago gegen den Speerfisch, den er liebte und respektierte.

Das erste Leg des entscheidenden Sets holte sich Part gegen Taylors Wurf. Zwei Legs bis zum Sieg.

Dann holte sich Part das zweite Leg. Noch eines fehlte...

Aber Taylor schlug zurück! Er machte 98 Punkte aus und das Set ging in ein viertes Leg.

Und dann schockte John Part die Dartwelt...

..."77 Punkte Rest."

"Set. Stroke. Release. 19"

"Set. Stroke. Release. 18".

"Set. Stroke. Release. Doppel 20".

"Leg. Set. Match! Das Spiel ist vorbei, meine Damen und Herren. Übergeben wird das Mikrophon dem Schiedsrichter. Hier ist er. Er nimmt die Hand des Kanadiers. Er hält sie in die Höhe. Hier ist er."

"The Winner and New Champion of the World, John Part."

Das Spiel wurde als atemberaubender Kampf beschrieben. "Ein episches Spiel". "Das größte Finale aller Zeiten". Eine immer wieder die Richtung wechselnde Achterbahn Fahrt, die damit endete, dass die Fackel und 50 000 Pfund Einzahlung auf das Bankkonto an John Part gingen.

"Am Ende war ich auf der Bühne beinahe den Tränen nahe", wurde Part zitiert. " Ich musste wirklich dagegen ankämpfen".

" Der fünfte Januar 2003, " schrieb der legendäre John Lowe, " wird in die Dartgeschichte als Ende der Regierungszeit von König Phil Taylor eingehen und als Beginn der Regentschaft von König John Part." Genau wie am Buckingham Palace hat die Wache gewechselt.

Vielleicht aber auch nicht...

Wie der nicht zu imitierende Box Kommentator Larry Merchant es 1990 unnachahmlich ausdrückte, nachdem Buster Douglas den 42.1 Favoriten Mike Tyson in Tokio geschlagen hatte. "Die Japaner kamen um Godzilla zu sehen, aber die falsche Person stellte sich als Godzilla heraus."

Vielleicht war es auch nur etwas mehr vom Gleichen.

Kann Part jetzt Taylor seinen Nummer 1 Status abringen? Kann er 2004 seinen Weltmeister Titel verteidigen?

Wurde die Fackel wirklich bereits übergeben? War wirklich schon Wachwechsel?

Das wird die Zeit weisen.

Der John Part, den ich kenne, ist Realist. Sein Ziel, das er sich selbst gesetzt hat, war es die Dartwelt zu dominieren. Er zeigte die Art von Anstand unter Druck, die ihn, zumindest für den Augenblick, an die Spitze der Dartwelt gesetzt hat.

Ich setzte darauf, dass er dort für eine lange Zeit bleiben wird.

Vor Ort

Dartoid







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